2.12.2013

Auftauende Permafrostböden
17 statt 8 Millionen Tonnen Methan

Permafrostboden
Fairbanks (LiZ). Infolge der Erd­erwärmung tauen die Permafrost­böden auf und setzen nach neuen Erkenntnissen mehr als doppelt so viel Methan frei wie bislang berechnet: 17 statt 8 Millionen Tonnen Methan pro Jahr beschleunigen die Fahrt in die Klimakatastrophe.

WissenschaftlerInnen aus den USA, Rußland und Schweden vom International Arctic Research Center der Universität von Alaska in Fairbanks haben auf der Grundlage von Messungen im ostsibirischen Schelfmeer berechnet, daß die Permafrostböden mehr als dopppelt so viel Methan freisetzen wie bislang angenommen. Die Untersuchung wurde im Wissenschafts-Journal 'nature geoscience' veröffentlicht. Methan ist ein über 30 Mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Permafrostböden sind jene Teile der Landflächen Sibiriens und der Meeresböden, deren Temperatur mindestens zwei Jahre ununterbrochen unterhalb von null Grad Celsius bleibt. In vielen Gebieten der Arktis ist unter den Schelfmeeren - den vergleichsweise flachen Meeren im Bereich des Kontinentalsockels - Permafrost zu finden. Steigt dort die Temperatur, nimmt der Stoffwechsel von Mikroorganismen zu und dabei wird Methan freigesetzt. Die Ostsibirische See ist ein flaches, maximal 155 Meter tiefes Randmeer des Arktischen Ozeans (der auch Nordpolarmeer oder nördliches Eismeer genannt wird). Am Meeresgrund lagern große Mengen an Methan - entweder im Permafrost oder als Hydrat gebunden.

In einer sich selbst rückkoppelnden Dynamik bewirken auch die häufiger werdenden Stürme in der Arktis eine Zunahme der Methan-Emissionen. Die WissenschaftlerInnen um Natalia Shakhova stellten fest, daß bei Stürmen vermehrt Methan-Blasen an die Wasseroberfläche gelangen. Bei einem längeren Verweilen des Methans im Wasser kann ansonsten ein größerer Teil von Mikroben zersetzt werden. "Was wir jetzt beobachten, geschieht viel schneller, als die Modelle vorhersagten," erklärt Shakhova.

Das WissenschaftlerInnen-Team hat die Methan-Emission in der südlichen Laptewsee im ostsibirischen Schelfmeer genau untersucht. Das Gebiet mit einer mittleren Wassertiefe von weniger als 50 Metern gilt als sehr methanreich. Die WissenschaftlerInnen erfaßten die aufsteigenden Blasen im Wasser mithilfe von Sonar-Messungen. Außerdem maßen sie die Methan-Werte im Meer und über dessen Oberfläche. Dem Einfluß der Stürme, die derzeit in der Region an bis zu 70 Tagen pro Jahr auftreten, widmeten sie ihre besondere Aufmerksamkeit. Zudem bohrten sie bis zu 57 Meter tief in die Sedimente unter dem Meer.

Der Permafrostboden am Meeresgrund hat in diesem Gebiet eine Temperatur von minus 1,8 bis null Grad Celsius. Wegen des Salzgehalts der Laptewsee sind die Sedimente trotz der relativ niedrigen Temperatur nicht gefroren. Auf der Grundlage ihrer Messungen berechneten die WissenschaftlerInnen um Natalia Shakhova, daß vom ostsibirischen Schelfmeer, das rund ein Viertel des gesamten arktischen Schelfs ausmacht, jährlich 17 Millionen Tonnen Methan in die Atmosphäre gelangen. Dies sei eine "konservative" - im wissenschaftlichen Sprachgebrauch also: vorsichtige - Schätzung. Die WissenschaftlerInnen nehmen an, daß die Erwärmung des Wassers, das Schwinden der Eisdecke und zunehmende Stürme den Methan-Ausstoß beschleunigen werden. In der küstennahen Zone stiegen die Temperaturen der unteren Wasserschicht binnen 14 Jahren um ein halbes Grad Celsius.

Gerhard Bohrmann, Geologie-Professor am Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) der Universität Bremen bestätigt, daß sich die neu gewonnenen Erkenntnisse auf andere arktische Gewässer übertragen lassen.

 

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