3.09.2021

Vernichtung des Amazonas-Urwalds
am Kipp-Punkt
Geht der Amazonas-Urwald verloren,
ist der globale Kampf um Klimaschutz gescheitert

Der Amazonas-Urwald brennt - Foto: jlujuro, Creative-Commons-Lizenz Nicht-Kommerziell 3.0
Berlin (LiZ). Innerhalb der zwölf Monate von August 2020 bis Juli 2021 wurden 10.476 Quadrat­kilometer des Amazonas-Urwaldes vernichtet. Dies geht aus den Daten des vom Forschungszentrum 'Imazon' ent­wickelten Entwaldungs­warnsystems hervor. Im Vergleich zu den vorangegangenen zwölf Monaten nahm die zerstörte Fläche um 57 Prozent zu.

Vor allem die zunehmenden und vom derzeitigen rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro geduldete und ideell geförderten Brandrodungen tragen zur grassierenden Regenwald-Vernichtung bei. Es muß jedoch daran erinnert werden, daß die Vernichtung des Regenwaldes auch in der Ära der vorgeblich linken Regierungen unter Luiz Inácio "Lula" da Silva (Präsident von 2003 bis 2010) und Dilma Rousseff (Präsidentin von 2011 bis 2016) kontinuierlich fortgesetzt werden konnte.

WissenschaftlerInnen rechnen damit, daß der Kipp-Punkt dann erreicht sein wird, wenn rund 25 Prozent des Amazonas-Regenwaldes vernichtet ist. Ab diesem Zeitpunkt wird sich das gesamte Gebiet unaufhaltsam in eine Steppe verwandeln. Das bedeutet, daß dieser Planet einen seiner größten Kohlenstoffspeicher verliert. In der Folge wird der globale Temperatur unumkehrbar um mehr als 2 Grad ansteigen. Alle Bemühungen um Klimaschutz wären damit auf einen Schlag gescheitert.

Auch von Europa aus kann dem entgegengesteuert werden. Nach wie vor werden gigantische Mengen an Soja als billiges Futtermittel aus Südamerika exportiert, um in Europa die Massentierhaltung aufrecht zu erhalten. Diese Nachfrage ist der Motor, der die Regenwald-Vernichtung antreibt. Denn die Brandrodung dient vor allem dazu, um auf der so hinzu gewonnenen Ackerfläche noch mehr Soja zu erzeugen.

Eine drastische Reduzierung des Fleischkonsums hätte zur Folge, daß weniger Soja als Futtermittel für die europäische Tierhaltung aus Südamerika importiert wird. Und weniger Absatz von Soja mindert den Profit, der mit der Vernichtung von Regenwald zu erzielen ist. Auch ein stärkerer Druck auf die Regierungen, mit Hilfe von Lieferketten-Gesetzen Einfluß auf die Produktion in Südamerika zu nehmen, kann die Vernichtung des Regenwaldes bremsen.

Dirk Embert, Südamerika-Experte beim WWF Deutschland, kritisiert: "Die illegalen Brandrodungen gehen seit Jahren weitgehend ungebremst weiter. Die Umweltbehörden wurden entmachtet, Polizeikontrollen in den Gebieten gibt es kaum und wenn, ziehen festgestellte Verstöße gegen geltende Schutzgesetze keine echten Konsequenzen nach sich." Die internationale Staatengemeinschaft müsse mehr Druck auf die Regierung in Brasilia aufbauen, um einen vollkommenen Kollaps des Amazonas zu verhindern.


Kommentar:
Die Forderung des WWF an die Regierungen dieser Welt ist gut gemeint, geht aber an der Realität vorbei. Solange in kapitalistisch organisierten Staaten die ökonomischen Entscheidungen vom Prinzip der Profitmaximierung diktiert werden, kann sich keine Regierung dem entgegenstellen. Auch in sogenannten repräsentativ-demokratischen Staaten ist die Macht in den Führungsetagen der großen Konzerne konzentriert. Staat und Regierung sind lediglich die Ausführungs-Organe, die bei einem mehr oder weniger geringen Anteil an Mitsprache der Bevölkerung die Interessen der Mächtigen zu koordinieren und in Gesetze umzusetzen haben. Ein Ende der Zerstörung dieses Planeten und ein Richtungswechsel kann daher nur erreicht werden, wenn eine Mehrheit dies will und aktiv wird, um den Kapitalismus durch ein demokratisch geregeltes Wirtschaftssystem zu ersetzen.

 

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