Industrielle Landwirtschaft tötet
Fischsterben in der Elbe
Hamburg (LiZ). Rund 100 Tonnen tote Fische sind in den vergangenen Tagen allein im Bereich von der Hamburger Hafengrenze bis 15 Kilometer elbabwärts verendet - für die Elbfischerei eine Katastrophe. Das bei 24 Grad Wassertemperatur ungehemmte Algenwachstum wird von der Überdüngung der Elbe durch die industrielle Landwirtschaft verursacht.
Nicht nur in der Ostsee breiten sich infolge des Schadstoffeintrags aus der industriellen Landwirtschaft die Todeszonen aus (Siehe unseren Artikel v. 17.06.14). Vor allem die Massentierhaltung schwemmt jedes Jahr rund eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor über die Flüsse in die Ostsee. Dort - aber auch je nach Wassertemperatur bereits in den Flüssen - sorgen sie als Kunstdünger für ein ungehemmtes Algenwachstum. Nun sorgt ein in diesem Ausmaß bislang unbekanntes Fischsterben in der Elbe für Empörung.
Elbfischer Lothar Buckow klagt über einen hohen Anteil an Jungfischen unter den angeschwemmten Fisch-Kadavern. Lachse, Aale, Stinte und Meerforellen ersticken im Wasser, sobald dessen Sauerstoff-Gehalt unter 3 Milligramm pro Liter sinkt. Die Meßstation Seemannshöft ermittelte vor wenigen Tagen einen Sauerstoff-Gehalt von 1,5 Milligramm pro Liter - zu wenig für die Kiemenatmung der Wasserlebewesen.
Todeszonen breiten sich in der Elbe bei Wedel eben so aus wie vor Blankenese. Elbfischer Walter Zeeck zog dort mit dem Netz allein bei einem Fang 300 Kilogramm toten Fisch in seinen Kutter. Selbst große Fische wie Brassen erliegen dem Sauerstoff-Mangel. Die Umweltschutz-Organisation BUND bewertet die Situation als "extrem angespannt". Die Umweltbehörde jedoch erwartet aufgrund der vorhergesagten Wetteränderung "kein umfangreicheres Auftreten von toten Fischen" am Wochenende.
Hat die Elbe mehr als 16 Grad, bilden sich im Oberlauf Algen. Ein großer Teil der auch angeschwemmten Algen gelangt nach dem Wehr bei Geesthacht in das mehr als zehn Meter tiefe Elbwasser. Dort sterben sie wegen Lichtmangel ab und die Zersetzung durch Bakterien verbraucht den Sauerstoff, der dann den Fischen zum Atmen fehlt. Der Wissenschaftler Wilhelm Petersen erklärt, die Elbe sei stark mit Stickstoff belastet, der vor allem aus dem Düngemittel-Einsatz in der industriellen Landwirtschaft stammt.
Nach Ansicht von BUND-Sprecher Paul Schmid verschärfen außerdem die Baggerarbeiten an der Fahrrinne sowie die Elbvertiefung den Sauerstoffmangel. Seit der vorangegangenen Elbvertiefung im Jahr 1999 habe sich die Situation in der Elbe dramatisch verschlechtert. "Sollte es eine erneute Elbvertiefung geben, besteht die Gefahr, daß die Elbe im Sommer eines Tages ökologisch tot ist," warnt Schmid. Über die geplante erneute Ausbaggerung der Elbe entscheidet das Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig voraussichtlich am 2. Oktober.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
Bundesregierung untätig (17.06.14)
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BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)
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Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)
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als in den 1980er-Jahren (4.02.13)
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