23.10.2012

Fukushima
"Falsches Gefühl der Sicherheit"

Meß-Teams von Greenpeace in Japan, Oktober 2012
Tokio (LiZ). Laut Greenpeace weisen die offiziellen Meßstationen in der Region Fukushima das Strahlungsrisiko für die Bevölkerung systematisch als zu niedrig aus. Dies geht aus neuesten Radioaktivitäts-Messungen eines Teams internationaler Strahlen­expertInnen von Greenpeace hervor. Auch die staatlichen Dekontami­nierungs-Arbeiten bleiben laut Greenpeace weiterhin "sehr lückenhaft, fehlgeleitet und unzureichend". In Fukushima sei der Boden um die Strahlenmeßstationen neu aufgefüllt werden. Das führe zu zu niedrigen Meßwerten.

"Es macht betroffen, wenn mehr als eineinhalb Jahre nach der Atomkatastrophe noch immer viele Kinderspielplätze nicht dekontaminiert wurden", sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. "Alle Anstrengungen der Regierung konzentrieren sich auf die evakuierten Gebiete. Die Aussicht auf geringere Schadenersatzansprüche wiegt offenbar schwerer als die Gesundheit der Kinder."

Die Strahlenexperten untersuchten in der vergangenen Woche erneut die Region Fukushima City, zu der auch das schwer kontaminierte Iitate gehört. Sie stellten fest, daß mehr als 75 Prozent der 40 staatlichen Strahlenmeß-Stationen deutlich niedrigere Strahlenbelastungen anzeigten als Messungen in der unmittelbaren Nähe der Stationen. Dabei war die Radioaktivität in einem Umkreis von 25 Metern bis zu sechs Mal höher als an der Station selbst.

"Die offiziellen Meßstationen sind in Gebieten aufgestellt, die von den Behörden schon dekontaminiert wurden, allerdings zeigen unsere Kontrollmessungen, daß nur einige Schritte entfernt die Strahlungswerte erheblich steigen," sagt Heinz Smital. "Wir befürchten, daß diese Meßstationen der Öffentlichkeit ein falsches Gefühl der Sicherheit geben." Das Meß-Team habe zahlreiche radioaktive Hotspots (Punkte hoher Strahlungsintensität), beispielsweise in niedrig hängenden Fruchtsträuchern oder auf Kinderspielplätzen gefunden. In Iitate entdeckten Greenpeace-ExpertInnen in Wohngebieten eine Strahlenbelastung von bis zu fünf MikroSievert pro Stunde. Zum Vergleich: Der ursprüngliche Wert lag bei 0,04 MikroSievert pro Stunde. Demnach ist die Belastung punktuell 100 mal so hoch. In einer Fabrik, der die Wiederaufnahme des Betriebs im September 2012 erlaubt worden war, maß das Team Hotspots mit bis zu 13 MikroSievert pro Stunde. An einem naheliegenden Ort wurden 9 MikroSievert pro Stunde gemessen.

In einem Strahlenlabor würden bei derartigen Meßwerten sofort Maßnahmen ergriffen werden. Bei dieser Belastung dürften sich nur Personen über 18 Jahren an den kontaminierten Orten aufhalten. Für Kinder und Schwangere besteht ein hohes gesundheitliches Risiko. In Iitate aber spielen Kinder auf Spielplätzen, die nicht dekontaminiert werden.

"Im Gegensatz zu Fukushima-City haben wir in Iitate viele Dekontaminierungsarbeiter gesehen, aber aufgrund der gebirgigen und sehr bewaldeten Beschaffenheit der Region sind diese Bemühungen allenfalls töricht, da die Säuberung sehr schwierig und das Risiko einer erneuten Kontaminierung hoch ist," sagte Kazue Suzuki, Atomexperte von Greenpeace Japan.

Greenpeace fordert die japanische Regierung auf, dringend mehr Geld und Ressourcen für den Schutz der öffentlichen Gesundheit bereitzustellen. Die Anstrengungen müssten sich auf die eng besiedelten Gebiete wie Fukushima-City konzentrieren anstatt auf stark kontaminierte, evakuierte Areale. Dort könnte sich laut Greenpeace noch herausstellen, daß die Bemühungen der Dekontaminierung nicht ausreichen.

 

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