Merkel inszeniert sich
als Kämpferin gegen US-Spione
Berlin (LiZ). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Geheimdienst-Chef an der US-Botschaft in Berlin zur Ausreise aufgefordert. Nachdem die Regierung monatelang nichts unternommen hat, um die flächendeckende Bespitzelung der Deutschen durch US-Geheimdienste wie NSA und CIA zu unterbinden, zielt diese mit US-Präsident Barack Obama abgesprochene Symbolhandlung offensichtlich darauf, die Bevölkerung zu besänftigen. Dabei weiß auch Merkel genau, daß die US-Geheimdienste hierzulande aufgrund geheimer Sonderrechte nach Belieben schalten und walten dürfen.
Generalbundesanwalt Harald Range prüfte - nach eigener Aussage - über neun Monaten lang, ob er in der NSA-Affaire ermitteln soll. Falls er tatsächlich nicht über die Tätigkeit der US-Geheimdienste in Deutschland Bescheid wußte, hätte er sich bei den deutschen Geheimdiensten BND, "Verfassungsschutz" und MAD erkundigen können, was CIA, NSA und Co. denn so alles hierzulande "ermitteln".
Im Vergleich zu dem, was seit Juni 2013 durch die von Edward Snowden ans Licht gebrachten US-amerikanischen Geheim-Akten nach und nach publik wurde, sind die jüngsten Ereignisse eher als Farce einzuordnen: Ein BND-Agent wurde verhaftet, weil er hunderte geheime Dokumente an die CIA weitergegeben haben soll - eine Tätigkeit, die traditionell zu den vornehmsten Aufgaben der beamteten deutschen SchnüfflerInnen zählt.
Und was die Geheimdienste hierzulande treiben, hat der Historiker Josef Foschepoth in seinem Standardwerk "Überwachtes Deutschland" anhand von Original-Dokumenten längst aufgezeigt. So ist etwa der Bundesnachrichtendienst (BND), der formal dem BundeskanzlerIn-Amt unterstellt ist, bei seiner Gründung im April 1956 aus der "Organisation Gehlen" hervorgegangen. Reinhard Gehlen, früheres NSDAP-Mitglied, Generalmajor der Wehrmacht und Sturmbannführer der SS, war deren Kopf. Gebildet wurde diese Geheimdienst-Organisation, in der etliche ehemalige Nazis Unterschlupf fanden, allerdings kurz nach Kriegsende von US-Geheimdiensten. Gehlen wurde von ihnen nach Verhören im Kriegsgefangenen-Lager und in einem speziellen Vernehmungs-Lager in Virginia für die Führung eines deutschen Geheimdienstes - als Handlanger der US-Geheimdienste - für geeignet befunden.
Die US-Geheimdienste sahen offenbar zwei Vorteile: Gehlen und seine Leute waren ihnen wegen ihrer Vergangenheit auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, womit ein unbedingter Gehorsam gegeben war, und sie besaßen die nötige Skrupellosigkeit und Erfahrung aus der Zeit zwischen 1933 und 1945. Und noch eine weitere Eigenschaft machte sie den US-Geheimdiensten genehm: Sie waren glühende Anti-Kommunisten. Nicht zufällig sagte 1963 der damalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hubert Schrübbers, während der damaligen "Abhör-Affaire", deutsche und US-amerikanische Geheimdienste seien "ein einheitlicher Organismus".
So war es im Grunde nur überflüssiger Zierrat, daß sich beide Seiten 1963 in einem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut zu engster Zusammenarbeit verpflichteten. In diesem Abkommen wurde die "Sammlung, der Austausch und der Schutz aller Nachrichten" vereinbart. Und in Artikel 38 wurde zudem ein striktes Geheimhaltungsgebot vertraglich festgelegt, wonach niemals ein US-amerikanisches oder deutsches Amtsgeheimnis bekannt gemacht werden dürfe - sei es vor einer Behörde, einem Gericht, oder eben auch vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Sowohl die US-Geheimdienste als auch der BND sehen es als ihre Pflicht, jeden Verstoß gegen die Geheimhaltung mit aller Kraft zu verhindern.
1968 beschloß die erste "schwarz-rote" Bundesregierung unter Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger (früheres NSDAP-Mitglied) und Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt das G10-Gesetz, das grundlegende demokratische Rechte aushebelt. Nach dem Anschluß der DDR wurde 1989 der "2+4-Vertrag" geschlossen und durch einen Zusatzvertrag wurde den USA zugebilligt, personenbezogene Daten von deutschen Geheimdiensten zu erhalten.
Mitte Juni 2014 war durch Veröffentlichungen aus dem Snowden-Fundus publik geworden, daß der US-amerikanische Geheimdienst NSA eng mit dem deutschen Geheimdienst BND zusammenarbeitet. Dabei liefert der BND auch gegen deutsche Gesetze Informationen in die USA (Siehe unseren Artikel v. 15.06.14).
Und schon im vergangenen Oktober war klar, daß die Empörung der deutschen Bundeskanzlerin darüber, daß auch ihre Telefonate belauscht werden, lediglich ihr schauspielerisches Talent offenbarte. In einer redaktionellen Stellungnahme schrieben wir am 25.10.13 hierzu: "Das, was derzeit die Schlagzeilen und »Top-Meldungen« der Mainstream-Medien füllt, ist keine Nachricht, sondern nur heiße Luft. Daß Hollandes und Merkels Mobiltelefone abgehört werden, ist nichts Neues. Im Falle Frankreichs war aber immerhin die (Nicht-)Reaktion Hollandes eine Nachricht (Siehe unseren Artikel v. 21.10.13). Deutschland jedoch ist kein souveräner Staat."
Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt bekannte damals in der Wochenzeitung 'Die Zeit' ganz offen, als Regierungs-Chefin habe Merkel davon ausgehen müssen, daß sie von Geheimdiensten abgehört wird. Schmidt merkte trocken an: "Ich empfehle auch der Bundeskanzlerin Gelassenheit." Zugleich witzelte er, es sei "plausibel", sich darüber zu entrüsten. Während seiner Zeit als Bundeskanzler sei er stets davon ausgegangen, daß Telefongespräche mitgeschnitten worden seien. "Das ging so weit, daß meine Gesprächspartner zunächst die Leute begrüßten, die irgendwo mithörten, und erst dann zum Thema kamen," erinnert sich Schmidt.
Und auch Schmidts Nachfolger als "oberster Angestellter" Deutschlands (O-Ton Schmidt), Helmut Kohl, wußte selbstverständlich Bescheid. Wollte der "schwarze" Langzeit-Kanzler (1982 - 1998) die geheimdienstliche Telefon-Überwachung ausschalten, ließ er sich von seinem Fahrer Eckhard Seeber etwas Kleingeld geben und wies diesen an, die nächstbeste Telefonzelle anzusteuern. Sein Auto-Telefon oder das im Kanzleramt benutzte Kohl nur für Unwichtiges.
Ebenso gehört zum üblichen Polit-Theater, daß US- Präsident Barack Obama durchsickern ließ, er habe überhaupt nichts von der Tätigkeit der US-Geheimdienste in Deutschland gewußt. Nicht einmal am Tag nach der Verhaftung, als er mit Kanzlerin Merkel telefonierte, sei er darüber informiert gewesen.
Und noch ein kleiner Scherz zum Schluß: Yasmin Fahimi, "S"PD-Politikerin und seit Januar "S"PD-Generalsekretärin sagte kürzlich: "Die Spähaktionen der USA gegen unser Land sind eine Frechheit, denn sie unterwandern unsere Souveränität."
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Trojaner Havex kann AKW fernsteuern
und Super-GAU auslösen (27.06.14)
eGesundheitskarte: 900 Millionen Euro
wurden bereits verpulvert (18.06.14)
Snowden-Fundus:
BND arbeitet der NSA illegal zu (15.06.14)
Gesichtserkennung 'Tundra Freeze'
NSA sammelt täglich Millionen Fotos (1.06.14)
CIA-Chef in Kabul enttarnt
Blamage für US-Administration (26.05.14)
Pulitzerpreis für Snowden-Enthüllungen
an Guardian und Washington Post (14.04.14)
Geheimdienst im Schlafzimmer
GCHQ schnüffelt in Millionen privater Webcams (27.02.14)
Snowden-Fundus:
NSA bespitzelt Wikileaks
Julian Assange auf Todesliste (18.02.14)
Snowden-Fundus:
NSA bespitzelte US-Anwaltskanzlei (16.02.14)
CCC erstattet Anzeige gegen Bundesregierung
wegen NSA-Schnüffelei (3.02.14)
Trojaner in japanischem AKW
Schneller Brüter Monju befallen (17.01.14)
Yahoo! Malware hilft NutzerInnen auszuspähen
...und alles gratis! (5.01.14)
Geheim-Akte aus Snowden-Fundus:
Wie NSA Trojaner in Computer einschleust (30.12.13)
Geheim-Akte aus Snowden-Fundus:
Daten-Kabel zwischen Europa und Asien angezapft
(29.12.13)
CCC-Kongress in Hamburg
Kampf gegen Geheimdienste (28.12.13)
NSA ortet täglich den Standort
von fünf Milliarden Mobiltelefonen (5.12.13)
Zwei Millionen Paßwörter kopiert
Facebook, Google & Co betroffen (5.12.13)
Vodafone unsicher
Hacker veröffentlichen 70.000 SMS (1.12.13)
FBI behauptet: Pentagon, IT-Abwehr
und Atom-Ministerium gehackt (17.11.13)
NSA-Bespitzelung: Obama noch unbeliebter
als George W. Bush (8.11.13)
Obama ahnungslos?
Wußte er weniger als Merkel? (1.11.13)
Wie die NSA eMails bei Gmail und Co.
mitlesen kann (30.10.13)
"Stop watching us"
Demo in Washington für Freiheit statt Angst (26.10.13)
Virus ab Werk
Smartphones mit Windows-Wurm (24.10.13)
Französische Regierung von NSA bespitzelt
US-Botschafter "einbestellt" (21.10.13)
Erneut Panikmache
Bluff zur Einführung der eGesundheitskarte (18.10.13)
Internet-Schnüffelei
BND zapft deutsche Provider an (7.10.13)
Adobe gehackt
Zugriff auf Quellcodes von ColdFusion und Acrobat (4.10.13)
Bluff mit eGesundheitskarte
Druck auf Unwillige scheinbar erhöht (2.10.13)
Internet-Schnüffelei
GCHQ bespitzelt ganz Europa (28.08.13)
Witz der Woche
"Gilt auf deutschem Boden deutsches Recht?" (21.08.13)
Größter Daten-Skandal der Nachkriegszeit
Millionen PatientInnen und ÄrztInnen ausgespäht (18.08.13)
Washington Post deckt auf:
NSA hat doch US-Recht gebrochen (16.08.13)
Snowden beibt vorerst in Rußland
"Keine Auslieferung an USA" (1.08.13)
"Stop watching us"
Bundesweit Demos gegen Geheimdienst-Schnüffelei
(27.07.13)
Big Brother hört mit
Hintertür per SIM-Karte (21.07.13)
Microsoft half offenbar bei Schnüffelei
und unterstützte NSA
beim Umgehen von Verschlüsselungen (12.07.13)
Snowden entwischt
Whistleblower flieht nach Ecuador (23.06.13)
Snowden: Britischer Geheimdienst GCHQ
spitzelt noch extremer als NSA (17.06.13)
Prism ist nichts Neues
Whistleblower macht latenten Skandal publik (7.06.13)
Big Brother wächst
Bundesrat macht Weg frei für Überwachungs-Staat (3.05.13)
"Anti-Terror-Datei"
Urteil der Bundesverfassungsgerichts
ebnet Weg zu neuer Gestapo (25.04.13)
Big Brother liest mit
Allein im Jahr 2011: 2,9 Millionen eMails und SMS (5.04.13)
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Privatsphäre bei facebook (4.07.12)
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(26.05.09)
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am ersten Tag mehr als 16.000 UnterzeichnerInnen (5.05.09)
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Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur gegründet
(17.04.09)
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Hausdurchsuchung bei Inhaber der Domain wikileaks.de
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als Vorwand für politische Zensur (25.03.09)
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Barack Obama und das Nadelöhr
... anderes zu erwarten als von Bush? (9.10.2008)
ELENA - Eine gigantische Datenbank
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(26.06.2008)
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Mogelpackung aller Zeiten: Das virtuelle Grundrecht
(28.02.2008)
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(16.05.07)
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