15.10.2013

Volksentscheid Energie-Netze Berlin
Vattenfall will Netzrückkauf stoppen

Volksentscheid in Berlin über die Energie-Netze, 3. November
Berlin (LiZ). Am 3. November steht auch in Berlin ein Volksentscheid über den Rückkauf der örtlichen Energie-Netze an. Doch ein neues Bündnis aus Wirtschaft und Industrie, hinter dem offensichtlich der Strom-Konzern Vattenfall steht, will dies verhindern.

Zur Zeit verfügt Vattenfall Deutschland über das Berliner Strom-Netz und macht damit jährliche Gewinne im zweistelligen Millionenbereich. Die Verfügungsgewalt über den Netz-Betrieb wird durch sogenannte Konzessions-Verträge geregelt, die in der Regel über 20 Jahre laufen. In vielen Kommunen in Deutschland laufen derzeit die Konzessions-Verträge aus - eine riesige Chance, die Energie-Wende voranzutreiben (Wir berichteten bereits des öfteren).

Der schwedische Konzern Vattenfall, dessen deutsche Tochter außer in Berlin auch den Strommarkt in den fünf neuen Bundesländern beherrscht, bildet zusammen mit RWE, E.on und EnBW ein Oligopol, das die Strompreise in Deutschland - ganz unabhängig von der Höhe der EEG-Förderung - nach eigenem Gutdünken festlegt. Je mehr die Energie-Wende durchgesetzt werden kann - im Jahr 2012 erreichten die erneuerbaren Energien 25 Prozent an der Stromerzeugung - desto schneller bröckelt die Machtbasis dieser Konzene. Die insgesamt über 1.300.000 Windkraft-, Solar, Wasserkraft- und Biogas-Anlagen werden zu über 50 Prozent von Privatleuten kontrolliert - ein weiterer großer Teil von Kommunen, Finanzinvestoren und kleineren Firmen. RWE, E.on, Vattenfall und EnBW haben sich dem Trend jahrzehntelang entgegengestemmt und kommen daher bis heute nur auf einen Anteil von weniger als fünf Prozent. Der Strom aus Windkraft-, Solar-, Wasserkraft- und Biogas-Anlagen wird immer preiswerter und schmälert die Profite der Kohlekraftwerks- und AKW-Betreiber. Der Aktienkurs von RWE ist seit 2008 um über 70 Prozent gesunken, bei E.on waren es in diesen fünf Jahren sogar fast 75 Prozent.

Um die Energie-Wende weiter bremsten und zu sabotieren zu können, liegt es daher im ureigensten Interesse des Strom-Konzerns Vattenfall, die Volksabstimmung in Berlin zum Scheitern zu bringen. So argumentiert denn das neue Berliner "Faktenbündnis Stromentscheid" gegen den Netzrückkauf, es gelte ein "hohes finanzielles Risiko" für Berlin zu vermeiden. Vordergründig will dieses Bündnis, dem unter anderem die Elektro-Innung und die Handwerkskammer Berlin sowie die Gewerkschaft BCE angehören, nur "Fakten zur Debatte" beitragen - und fordert zugleich dazu auf, den Netzrückkauf mit einem "Nein" abzuschmettern.

Eine der Initiativen, die sich für ein "Ja" beim Volksentscheid engagieren, der 'Berliner Energietisch' argumentiert, die Energie-Wende könne durchaus mit einem Stromnetz in kommunaler Hand besser gefördert werden. Künstliche Hemmnisse, die gegen die erneuerbaren Energien aufgebaut wurden, können so abgeräumt werden. Zwar vermag auch ein kommunaler Netzbetrieb nicht zu bestimmen, welche Anteile von welchem Stom eingespeist werden, doch ein kommunaler Netzbetreiber kann die Netze nach den Erfordernissen der erneuerbaren Energien ausgestalten und dafür sorgen, daß Speichertechnologien verwendet werden.

Mit einem erfolgreichen Volksbegehren hatte der 'Berliner Energietisch' den Volksentscheid erzwungen. Am 3. November wird nun darüber abgestimmt, ob Berlin sich mit einem landeseigenen Unternehmen darum bewerben soll, die örtlichen Strom-Netze wieder selbst zu betreiben. Am 22. September hatte die Initiative "Unser Hamburg - Unser Netz" mit einem solchen Volksentscheid Erfolg (Siehe unseren Artikel v. 23.09.13).

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Subventionsbericht zu erneuerbaren Energien (14.10.13)

      IKEA in Konkurrenz zu Strom-Konzernen
      Solar-Anlagen aus dem Möbelhaus (30.09.13)

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      für Energie-Wende von unten (28.09.13)

      HamburgerInnen gewinnen Volksentscheid
      und damit ihre Energie-Netze zurück (23.09.13)

      Tschechien: Stop der Förderung
      der erneuerbaren Energien -
      Subventionierung der Atomenergie? (15.09.13)

      Schmerzensgeld für "Eichhörnchen"
      Kletteraktivistin gewinnt gegen Land Hessen (18.08.13)

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      Verband klagt gegen EU-Regelung (28.07.13)

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