9.06.2011

IngenieurInnen:
Weiterbau an Stuttgart 21 ist rechtswidrig

historischer Stuttgarter Hauptbahnhof Stuttgart (LiZ). Eine Gruppe unabhängiger IngenieurInnen wendet sich gegen den nach ihrer Einschätzung riskanten Weiterbau am Mega-Projekt 'Stuttgart 21'. Ein Bau-Stop sei aus technischer Sicht dringend erforderlich. Die Bahn AG mußte in den vergangenen Tagen einräumen, daß die im Planfeststellungsbeschluß genannte Angabe zur abzupumpenden Grundwassermenge viel zu niedrig ist.

Kritisiert wird von Seiten der IngenieurInnen-Gruppe zudem, daß es sich offenbar um einen Bluff handelte, wenn die Bahn AG den vorübergehenden Bau-Stop, den sie im März verkündet hatte, als Entgegenkommen an sie 'Stuttgart-21'-KritikerInnen zu verkaufen suchte. In Wahrheit sei dieser Bau-Stop aus technischer Sicht dringend erforderlich, denn nach wie vor seien "grundlegende Fragen ungeklärt". IngenieurInnen der Bahn AG haben selbst in den vergangenen Wochen zahlreiche erhebliche Risiken dargelegt.

Angesichts der vorliegenden Informationen halten die kritischen IngenieurInnen jede weitere Bautätigkeit für unverantwortlich. Bahn-Management und Politik sollten diese technischen Probleme endlich ernst nehmen und den Bau endgültig stoppen, so die Gruppe. So habe die Bahn AG mittlerweile eingeräumt, daß die Angaben zum abzupumpenden Grundwasser in einem Volumen von von 3 Millionen Kubikmeter im Planfeststellungsbeschluß PFA1.1 viel zu niedrig sind. Tatsächlich müsse mehr als die doppelte Menge Grundwasser, nämlich 6,8 Millionen Kubikmeter für die Bautätigkeiten abgepumpt werden. Das hat nach Ansicht der kritischen IngenieurInnen juristische und praktische Konsequenzen:

"Zunächst erlischt damit das Baurecht der Bahn, denn es basiert auf Annahmen, die inzwischen als unzutreffend erkannt sind. Einen entsprechenden Änderungsantrag hat die Bahn kürzlich beim Eisenbahnbundesamt (EBA) eingereicht, die Beurteilung wurde von der Stadt Stuttgart als zuständiger unterer Wasserbehörde zunächst zurückgewiesen. Es fehlen detaillierte Unterlagen zu den Auswirkungen auf die Grundwasser-Verteilung und die Schüttung der Heil- und Mineralquellen sowie auf den Baumbestand im Park und auf die Stadtgebäude (Erdsetzungen infolge absinkenden Grundwasserstandes)," teilt die Gruppe in einer Stellungnahme mit.

Nach Untersuchungen, die bereits im Jahr 2006 in einem Tagungsband des Regierungspräsidiums veröffentlicht wurden, unterschritte die vorgesehene Grundwasserabsenkungen den Druckspiegel des Mineralwassers an manchen Stellen um bis zu 40 Meter. Inzwischen sei bekannt, daß die Schichten zwischen Mineral- und Grundwasser durchlässiger sind als optimistische Annahmen der 'Stuttgart-21'-Projektbetreiber voraussetzten. Wenn nun erheblich mehr Wasser abgepumpt werden muß als ursprünglich vorgesehen, müsse das Risiko für die Mineralquellen neu bewertet werden, so die KritikerInnen.

Hinzu komme, daß die geplante Re-Infiltrierung des Wassers in vielen Bereichen nicht ausreichend untersucht sei. "An vielen geplanten Brunnenstandorten enthält der Untergrund Anteile an wasserlöslichem Gips und Anhydrit, mit der Konsequenz, daß der Grund zur Verkarstung neigt. Werden in diesen Bereichen große Mengen Wasser infiltriert, ist die Stabilität unter Umständen gefährdet. Es ist unlauter, wenn die Bahn versucht, sich wie in den letzten Tagen durch Haustürgeschäfte mit betroffenen Hauseigentümern aus der Verantwortung zu stehlen anstatt die notwendigen geologischen Untersuchungen durchzuführen und offen zu legen," heißt es in der Stellungnahme

Die Gruppe unabhängiger IngenieurInnen weist darauf hin, daß nicht nur in dieser zentralen Problematik, sondern auch "in vielen anderen Bereichen" dringender Klärungsbedarf bestehe. So sei etwa die Frage nach der Leistungsfähigkeit des geplanten unterirdischen Bahnhofs nach wie vor ungeklärt. Eine aktuelle Untersuchung von Dr. Christoph Engelhardt legt nahe, daß die prognostizierten Zugzahlen nicht zu realisieren sind, der bestehende Kopfbahnhof damit deutlich leistungsfähiger bleibt. Ebenso ungeklärt ist aus Sicht der 'Stuttgart-21'-GegnerInnen die immer noch ausstehende Baugenehmigung für den angestrebten Filderbahnhof.

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      "Stuttgart 21": Die Show
      des neuen Verkehrsministers Winfried Hermann
      (12.05.11)

      Bau-Stop selber machen
      Aktions-Camp gegen "Stuttgart 21" (17.04.11)

      Landtagswahl
      Recycling in Baden-Württemberg (27.03.11)

      Stuttgart 21
      "Schlichterspruch" ad absurdum geführt
      Stresstest einseitig aufgekündigt (8.02.11)

      Parteitag der Pseudo-Grünen
      Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)

      Stuttgart 21 - Schlichtung
      oder schlicht Volksverdummung? (1.12.10)

      Stuttgart 21 - MONITOR bestätigt Verdacht gegen Mappus
      Direktive kam von oben (22.11.10)

      stern: Erneut Millionenschwindel bei Stuttgart 21
      "Schlichtung ist Verdummung" (17.11.10)

      Stuttgart 21: Lug und Trug
      Landesbeteiligung verfassungswidrig
      "Käfer und Kammmolche" (16.11.10)

      Stuttgart 21 - Neue Bäume
      im gerodeten Teil des Schloßgartens (31.10.10)

      Die Polizei: Dein Freund ...
      ... und Steinewerfer (18.10.10)

      Stuttgart 21
      Verrat der Funktionäre (15.10.10)

      110.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      Merkel warnt vor "Unregierbarkeit" (9.10.10)

      100.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      "Mappus muß weg!" (2.10.10)

      Stuttgart 21 - "Mappus läuft Amok"
      Hunderte Verletzte im Stuttgarter Schloßgarten
      (30.09.10)

      Stuttgart 21
      Stern enthüllt Chaos-Planung (29.09.10)

      Weiter Zehntausende gegen Stuttgart 21
      30 Festnahmen nach Demo (25.09.10)

      69.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      Bahn-Chef Grube schließt höhere Kosten
      für das Mega-Projekt nicht mehr aus (11.09.10)

      Stuttgart 21: Polizei beendet Baumbesetzung
      "S"PD plötzlich für Volksentscheid (7.09.10)

      Stuttgart 21
      Spaltungsversuch der Pseudo-Grünen gescheitert
      (6.09.10)

      60.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      Baumbesetzung im Schloßgarten (3.09.10)

      Forsa-Umfrage: Absolute Mehrheit gegen Stuttgart 21
      Pseudo-Grüne versuchen Widerstand zu spalten
      865 Millionen Euro neue Kosten für Ba-Wü (2.09.10)

      Stuttgart 21 - 40.000 protestieren
      Erster Durchbruch am Bauzaun gescheitert (27.08.10)

      Stuttgart 21 - Abriß begonnen
      Hilft nur noch Bauplatzbesetzung? (25.08.10)

      30.000 protestieren:
      "Stoppt Stuttgart 21" (21.08.10)

      Millionen-Schmiergeld für Stuttgart 21?
      'spiegel' berichtet über heimlichen Deal (16.08.10)

      21.000 bei Menschenkette
      gegen Stuttgart 21 (14.08.10)

      Studie des Umweltbundesamtes
      Stuttgart 21 provoziert Nadelöhr (12.08.10)

      Immer mehr Menschen protestieren
      16.000 gegen Stuttgart 21 (7.08.10)

      Wachsender Protest gegen "Stuttgart 21"
      Tausende legen Verkehr lahm (2.08.10)

      Protestival der Parkschützer
      Zehntausende gegen "Stuttgart 21" (10.07.10)

      'stern' veröffentlicht geheime Studie
      zu "Stuttgart 21"
      Steilvorlage für GegnerInnen (8.07.10)

      Europäische Nachbarn bauen Eisenbahn aus
      In Deutschland wird das Schienennetz abgebaut
      (29.04.10)

      Verkehrssicherheit
      Bahn weit vor Konkurrenten (30.03.10)

      'Robin-Wood'-Aktion gegen "Stuttgart 21"
      "Stuttgart verscherzt es sich - Zug um Zug" (2.02.10)

      Investitionen in Schienenverkehr:
      BRD ist ganz hinten in der EU (23.10.09)