"Rot-Grün" in Niedersachsen
Ist das "Nein" zu Gorleben glaubwürdig?
Hannover (LiZ). Am 20. Januar wurde in Niedersachsen eine "rot-grüne" Landesregierung gewählt. Noch hält sie an ihrem Wahlversprechen fest, sie werde sich für eine "Endlager- suche ohne Gorleben" einsetzen. Doch wie glaubwürdig ist dies?
Laut dem, was nun in die Koalitionsvereinbarung von "S"PD und Pseudo-Grünen geschrieben wurde, beabsichtigt die neue Landesregierung - anders als die "schwarz-gelbe" Vorgängerregierung und anders als die Landesregierung zwischen 1990 und 1998 unter dem Ministerpräsidenten (und späteren Bundeskanzler) Gerhard Schröder - durchzusetzen, daß der Standort Gorleben bei dem seit Monaten diskutierten Neustart einer "Endlagersuche" von vornherein ausgeschlossen wird. Gute Gründe hierfür gäbe es: Gorleben ist aus wissenschaftlicher Sicht als Endlager für hochradioaktiven Müll ungeeignet und auch die politischen Machenschaften, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Vorentscheidung für diesen Standort geführt hatten, ließen es im Sinne politischer Hygiene angebracht erscheinen, unter dieses traurige Kapitel des "Atomzeitalters" einen Schlußstrich zu ziehen.
Da jedoch in den als Erkundung getarnten illegalen Ausbau Gorlebens zur Atommüll-Deponie bereits 1,6 Milliarden Euro investiert wurden, werden es die "Großen Vier", die Strom-Konzerne RWE, E.on, Vattenfall und EnBW, kaum zulassen, daß PolitikerInnen gegen ihren Willen eine ergebnisoffene Endlagersuche vom Zaum brechen. Mehr als die Inszenierung einer Endlagersuche mit im Voraus feststehendem Ergebnis werden sie mit Sicherheit zu verhindern wissen. Und bei einer solchen Inszenierung muß Gorleben selbstverständlich "im Topf" bleiben.
Wie lange wird die neue "rot-grüne" niedersächsische Landesregierung unter dem designierten Ministerpräsidenten Stephan Weil zu ihrem Wort stehen? Dieser erklärte vollmundig: "Nach 35 Jahren Diskussion und Erkundung des Salzstocks müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß die geologisch begründeten Zweifel nicht kleiner, sondern größer geworden sind." Tatsächlich scheint Weil es weit eher als der vom pseudo-grünen Koalitionspartner für den Sessel des Umweltministers vorgesehene Stefan Wenzel, damit Ernst zu meinen, sich mit den "Großen Vier" anzulegen.
Stefan Wenzel hat bereits antichambriert, wie es im Diplomatendeutsch heißt: Er ist im Einklang mit dem früheren Atom-/Umwelt-Minister unter Schröder und sämtlichen "Spitzenkräften" seiner Partei bereits auf der Position angelangt, Gorleben dürfe "aus strategischen Gründen" nicht von vornherein aus dem Suchverfahren ausscheiden. Treuherzig erklären die Pseudo-Grünen, sie beabsichtigten es so zu deichseln, daß Gorleben wegen "der strengen Kriterien im Suchverfahren" ganz sicher nicht auf dem ersten Platz landen werde.
Noch ziert sich Stefan Wenzel ein wenig und moniert, daß in dem von Bundes-Atom-Minister Peter Altmaier vorgelegten Entwurf eines Endlagersuch-Gesetzes vorgesehen sei, den Ländern wichtige Zuständigkeiten wie die für das Bergrecht zu entziehen. Doch die beiden früheren Bundes-Atom-Minister Jürgen Trittin von den Pseudo-Grünen und Sigmar Gabriel von der "S"PD haben in nichtöffentlichen Gesprächsrunden mit Altmaier bereits die Weichen gestellt und so wird Gorleben in die bald offiziell verkündete "Endlagersuche" einbezogen werden.
Recht voreilig erklärten VertreterInnen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg, eine der treibenden Kräfte des Widerstands im Wendland gegen ein Endlager Gorleben, sie seien über den Beschluß der "rot-grünen" Koalition erleichtert. Erneut keimt die Hoffnung auf, eine niedersächsische Landesregierung werde sich dem in Berlin Beschlossenen verweigern. Doch bekanntlich forderte schon 1990 die damalige "rot-grüne" Landesregierung unter Schröder den "Ausstieg aus Gorleben". Wie sich in den darauffolgenden Jahren zeigte, sind solche Forderungen wohlfeil. Sie dürfen keineswegs als Verpflichtung verstanden werden, den warmen Worten Taten folgen zu lassen.
Wer den Text des Koalitionsvertrages genauer studiert, wird auf die seltsame Formulierung stoßen: "Gorleben ist ungeeignet und muß aufgegeben werden." Dies erinnert fatal an Formulierungen wie etwa "Bundeskanzlerin Angela Merkel muß sich für den Klimaschutz einsetzen" oder "Brasilien muß endlich die Abholzung des Amazonas-Urwaldes stoppen!" Und so wird sich schon bald herausstellen, daß auch der Jubel von Greenpeace verfrüht ist. Die Umweltschutz-Organisation meint in ihrer heutigen Stellungnahme, "Rot-Grün" habe sich in Niedersachsen darauf geeinigt, daß Gorleben als Standort aus der Endlagersuche ausgeschlossen wird.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Niedersachsen bleibt schwarz
Kein Lichtblick für Gorleben (20.01.13)
"Schwarz-Gelb" schafft Grundlage für Atommüll-Export
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Bundes-Atom-Minister Altmaier sagt:
"Ich stoppe Gorleben!" (30.11.12)
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Bürgerinitiative feiert Sensation (13.11.12)
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genügt nicht einmal behördlichen Sicherheitsstandards
(26.09.12)
Im Salz unter Gorleben
wird illegal weitergebaut (20.08.12)
BI Lüchow Dannenberg warnt
vor neuem Endlagersuchgesetz (29.07.12)
Transparente Schweizer Endlager-Suche?
Illusion um Benken geplatzt (2.07.12)
Endlagersuche in der Schweiz
20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)
Gorleben: Atomarer Irrweg wird fortgesetzt
Weitere CASTOR-Transporte angekündigt (7.06.12)
"Versuchs-Endlager" Asse II
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BfS bereitet stattdessen Flutung vor (31.05.12)
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Transparenz bei einer Farce? (22.02.12)
Endlagersuche in der Schweiz
20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)
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vor geplantem "Endlager" Gorleben (13.12.11)
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weiter verzögert
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widerspricht Landesregierung (20.11.11)
Genehmigung für CASTOR-Transport
trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)
Strahlen-Skandal in Gorleben
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(30.09.11)
Radioaktiver Müll in Gorleben
hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)
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Atommüll-Endlager in der Schweiz?
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13. CASTOR nach Gorleben
angekündigt (3.06.11)
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Stark erhöhte Radioaktivität
im "Versuchs-Endlager" Asse II (14.04.11)
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(4.09.10)
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Weitere Zeitverzögerung vor der Rückholung (27.03.10)
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(10.01.10)
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(2.10.09)
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Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)
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Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)
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und Bure (Frankreich) (4.01.08)