8.02.2013

"Rot-Grün" in Niedersachsen
Ist das "Nein" zu Gorleben glaubwürdig?

Atommüll - wohin damit?
Hannover (LiZ). Am 20. Januar wurde in Niedersachsen eine "rot-grüne" Landesregierung gewählt. Noch hält sie an ihrem Wahlversprechen fest, sie werde sich für eine "Endlager- suche ohne Gorleben" einsetzen. Doch wie glaubwürdig ist dies?

Laut dem, was nun in die Koalitionsvereinbarung von "S"PD und Pseudo-Grünen geschrieben wurde, beabsichtigt die neue Landesregierung - anders als die "schwarz-gelbe" Vorgängerregierung und anders als die Landesregierung zwischen 1990 und 1998 unter dem Ministerpräsidenten (und späteren Bundeskanzler) Gerhard Schröder - durchzusetzen, daß der Standort Gorleben bei dem seit Monaten diskutierten Neustart einer "Endlagersuche" von vornherein ausgeschlossen wird. Gute Gründe hierfür gäbe es: Gorleben ist aus wissenschaftlicher Sicht als Endlager für hochradioaktiven Müll ungeeignet und auch die politischen Machenschaften, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Vorentscheidung für diesen Standort geführt hatten, ließen es im Sinne politischer Hygiene angebracht erscheinen, unter dieses traurige Kapitel des "Atomzeitalters" einen Schlußstrich zu ziehen.

Da jedoch in den als Erkundung getarnten illegalen Ausbau Gorlebens zur Atommüll-Deponie bereits 1,6 Milliarden Euro investiert wurden, werden es die "Großen Vier", die Strom-Konzerne RWE, E.on, Vattenfall und EnBW, kaum zulassen, daß PolitikerInnen gegen ihren Willen eine ergebnisoffene Endlagersuche vom Zaum brechen. Mehr als die Inszenierung einer Endlagersuche mit im Voraus feststehendem Ergebnis werden sie mit Sicherheit zu verhindern wissen. Und bei einer solchen Inszenierung muß Gorleben selbstverständlich "im Topf" bleiben.

Wie lange wird die neue "rot-grüne" niedersächsische Landesregierung unter dem designierten Ministerpräsidenten Stephan Weil zu ihrem Wort stehen? Dieser erklärte vollmundig: "Nach 35 Jahren Diskussion und Erkundung des Salzstocks müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß die geologisch begründeten Zweifel nicht kleiner, sondern größer geworden sind." Tatsächlich scheint Weil es weit eher als der vom pseudo-grünen Koalitionspartner für den Sessel des Umweltministers vorgesehene Stefan Wenzel, damit Ernst zu meinen, sich mit den "Großen Vier" anzulegen.

Stefan Wenzel hat bereits antichambriert, wie es im Diplomatendeutsch heißt: Er ist im Einklang mit dem früheren Atom-/Umwelt-Minister unter Schröder und sämtlichen "Spitzenkräften" seiner Partei bereits auf der Position angelangt, Gorleben dürfe "aus strategischen Gründen" nicht von vornherein aus dem Suchverfahren ausscheiden. Treuherzig erklären die Pseudo-Grünen, sie beabsichtigten es so zu deichseln, daß Gorleben wegen "der strengen Kriterien im Suchverfahren" ganz sicher nicht auf dem ersten Platz landen werde.

Noch ziert sich Stefan Wenzel ein wenig und moniert, daß in dem von Bundes-Atom-Minister Peter Altmaier vorgelegten Entwurf eines Endlagersuch-Gesetzes vorgesehen sei, den Ländern wichtige Zuständigkeiten wie die für das Bergrecht zu entziehen. Doch die beiden früheren Bundes-Atom-Minister Jürgen Trittin von den Pseudo-Grünen und Sigmar Gabriel von der "S"PD haben in nichtöffentlichen Gesprächsrunden mit Altmaier bereits die Weichen gestellt und so wird Gorleben in die bald offiziell verkündete "Endlagersuche" einbezogen werden.

Recht voreilig erklärten VertreterInnen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg, eine der treibenden Kräfte des Widerstands im Wendland gegen ein Endlager Gorleben, sie seien über den Beschluß der "rot-grünen" Koalition erleichtert. Erneut keimt die Hoffnung auf, eine niedersächsische Landesregierung werde sich dem in Berlin Beschlossenen verweigern. Doch bekanntlich forderte schon 1990 die damalige "rot-grüne" Landesregierung unter Schröder den "Ausstieg aus Gorleben". Wie sich in den darauffolgenden Jahren zeigte, sind solche Forderungen wohlfeil. Sie dürfen keineswegs als Verpflichtung verstanden werden, den warmen Worten Taten folgen zu lassen.

Wer den Text des Koalitionsvertrages genauer studiert, wird auf die seltsame Formulierung stoßen: "Gorleben ist ungeeignet und muß aufgegeben werden." Dies erinnert fatal an Formulierungen wie etwa "Bundeskanzlerin Angela Merkel muß sich für den Klimaschutz einsetzen" oder "Brasilien muß endlich die Abholzung des Amazonas-Urwaldes stoppen!" Und so wird sich schon bald herausstellen, daß auch der Jubel von Greenpeace verfrüht ist. Die Umweltschutz-Organisation meint in ihrer heutigen Stellungnahme, "Rot-Grün" habe sich in Niedersachsen darauf geeinigt, daß Gorleben als Standort aus der Endlagersuche ausgeschlossen wird.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Niedersachsen bleibt schwarz
      Kein Lichtblick für Gorleben (20.01.13)

      "Schwarz-Gelb" schafft Grundlage für Atommüll-Export
      AtomkraftgegnerInnen kritisieren Dammbruch (4.01.13)

      Bundes-Atom-Minister Altmaier sagt:
      "Ich stoppe Gorleben!" (30.11.12)

      Bau-Stop in Gorleben
      Bürgerinitiative feiert Sensation (13.11.12)

      Greenpeace: Gorleben als Endlager
      genügt nicht einmal behördlichen Sicherheitsstandards
      (26.09.12)

      Im Salz unter Gorleben
      wird illegal weitergebaut (20.08.12)

      BI Lüchow Dannenberg warnt
      vor neuem Endlagersuchgesetz (29.07.12)

      Transparente Schweizer Endlager-Suche?
      Illusion um Benken geplatzt (2.07.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Gorleben: Atomarer Irrweg wird fortgesetzt
      Weitere CASTOR-Transporte angekündigt (7.06.12)

      "Versuchs-Endlager" Asse II
      Rückholung des Atommülls weiter verzögert
      BfS bereitet stattdessen Flutung vor (31.05.12)

      BUND fordert Transparenz bei Endlagersuche
      Transparenz bei einer Farce? (22.02.12)

      Endlagersuche in der Schweiz
      20 "Standortareale" - ein Ziel: Benken (19.01.12)

      Röttgen verplappert sich:
      Illegaler Bau im Gorlebener Salzstock (2.01.12)

      Geologe warnt
      vor geplantem "Endlager" Gorleben (13.12.11)

      Bergung des Atom-Mülls aus Asse II
      weiter verzögert
      Bundes-"Umwelt"-Ministeriumn betreibt Obstruktion
      (8.12.11)

      Strahlen-Skandal Gorleben
      Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages
      widerspricht Landesregierung (20.11.11)

      Genehmigung für CASTOR-Transport
      trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)

      Strahlen-Skandal in Gorleben
      Grenzwert am Zaun bereits seit 2003 überschritten
      (30.09.11)

      Radioaktiver Müll in Gorleben
      hohe Strahlenbelastung am Zaun (25.08.11)

      Atommüll-Endlager in Deutschland?
      EU macht Druck (20.07.11)

      Atommüll-Endlager in der Schweiz?
      Unmögliches soll realistisch erscheinen (12.07.11)

      13. CASTOR nach Gorleben
      angekündigt (3.06.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      Gorlebener Salzstock vielfach angebohrt
      Der Berg schlägt zurück (15.04.11)

      Stark erhöhte Radioaktivität
      im "Versuchs-Endlager" Asse II (14.04.11)

      Drei Monate Denkpause
      auch für Gorleben? (30.03.11)

      "Versuchs-Endlager" Asse II
      Wasserzutritt verdoppelt (15.12.10)

      Erhöhte Krebs-Rate
      um das "Versuchs-Endlager" Asse II (25.11.10)

      Parteitag der Pseudo-Grünen
      Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)

      Neue wissenschaftliche Studie:
      AKW und tote weibliche Embryos (19.11.10)

      Akten über Explosion im Jahr 1969
      Erdgas unter Gorleben (13.09.10)

      Weiterer Erfolg des Gorleben-Widerstands:
      Verwaltungsgericht Lüneburg stoppt Datensammlung
      (4.09.10)

      CASTOR-GegnerInnen siegen
      vor Bundesverfassungsgericht (26.08.10)

      Der Endlager-Schwindel
      Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)

      In Asse II wird probegebohrt
      Weitere Zeitverzögerung vor der Rückholung (27.03.10)

      Einsturzgefahr im "Versuchs-Endlager" Asse II
      Atommüll wird rückgeholt (15.01.10)

      Endlager-Standort Gorleben
      Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle
      (10.01.10)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Mit Spezialbeton Hohlräume verfüllt (8.12.09)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Decke eingestürzt (9.10.09)

      "Versuchs-Endlager" Asse II:
      Rückholung des Atommülls laut Bundesamt möglich
      (2.10.09)

      Verstärkter Laugeneinbruch
      im "Versuchs-Endlager" Asse II (18.09.09)

      Skandal-Serie Asse II: Noch mehr Plutonium
      im "Versuchs-Endlager" (29.08.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Hochradioaktiver Müll im "Versuchs-Endlager"?
      MONITOR veröffentlicht Siemens-Unterlagen (24.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Erneuter Fund radioaktiver Lauge (15.07.09)

      Skandal-Serie Asse II:
      Nun auch noch Sprengstoff (26.06.09)

      Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
      Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)

      Asse II: Strom-Konzerne drückten
      die Sicherheits-Standards (3.06.09)

      Asse II: Mehr radioaktiver Müll als vermutet
      Greenpeace findet Hinweise auf zu niedrige Angaben
      in den Inventar-Listen (7.05.09)

      Asse II: Einsturzgefahr in Kammer 7 akut
      (29.04.09)

      Asse II diente auch der Bundeswehr als Atomklo
      Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an
      (24.04.09)

      Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
      Arsen und Blei im "Versuchs-Endlager" Asse II (15.04.09)

      Versuchslager Asse II
      Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)

      Lauge aus Atommüll-Lager Asse erneut nach 'Mariaglück'
      Dringend nötige Rückholung weiter verzögert (7.02.09)

      Einsturzgefahr im Atommüll-Lager Asse
      Seit Dezember nicht veröffentlicht (15.01.09)

      Demo gegen Schweizer
      Atom-Endlager in Benken (20.09.08)

      Asse II: Der Wechsel zum BfS ist nur Pop
      Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant
      (5.09.08)

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II
      nicht länger geleugnet
      Atom-Minister Gabriel: "Zustände in Asse sind unhaltbar"
      Wird das Bergwerk geräumt? (2.09.08)

      Verdacht auf hochradioaktiven Müll
      im Versuchslager Asse II
      "Brennstäbe in Blechdosen" (29.07.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz)
      und Bure (Frankreich) (4.01.08)