3.11.2013

Volksentscheid Energie-Netze Berlin
knapp gescheitert

Volksentscheid in Berlin über die Energie-Netze, gescheitert - Grafik: Samy
Berlin (LiZ). Der Energie-Volksentscheid über ein eigenes Stadtwerk mit 100 Prozent erneuerbaren Energien scheiterte trotz einer Zustimmung von 83 Prozent knapp mit 24,1 Prozent am Quorum. Nötig wären wegen einer demokratiefeindlichen Gesetzgebung die Überwindung der Hürde von mindestens 25 Prozent "Ja"-Stimmen aller BerlinerInnen gewesen.

Die InitiatorInnen des Volksentscheids vom 'Berliner Energietisch' trifft die Niederlage hart: "Am Ende mit wenigen Stimmen am 25-Prozent-Zustimmungsquorum zu scheitern ist schon extrem bitter." Bislang sind über einen sogenannten Konzessionsvertrag die Energie-Netze Berlins an den Strom-Konzern Vattenfall verpachtet. Vattenfall Deutschland macht damit jährliche Gewinne im zweistelligen Millionenbereich. In vielen Kommunen in Deutschland laufen derzeit die Konzessions-Verträge aus - eine riesige Chance, die Energie-Wende voranzutreiben (Wir berichteten bereits des öfteren). Ähnlich wie in Hamburg, wo die dortige Initiative beim Volksentscheid siegte (siehe unseren Artikel v. 23.09.13), schien nun auch in Berlin ein eigenes Stadtwerk und die Übernahme der Stromnetze in greifbare Nähe gerückt zu sein.

Bis 16 Uhr hatten 22,5 Prozent der Stimmberechtigten ihre Stimme abgegeben. Das waren 0,9 Prozent mehr als beim Volksentscheid "Wasser" im Jahr 2011. Damals hatten zur selben Zeit 21,6 Prozent abgestimmt. Die Abstimmungs-Beteiligung betrug 2011 am Ende 27,5 Prozent. Die Hoffnung war noch groß. Tatsächlich war diesmal die Wahlbeteiligung mit 29,1 Prozent sogar höher. Doch als die Auszählung gegen 20 Uhr beendet war, stellte sich heraus, daß nur 24,1 Prozent der BerlinerInnen mit "Ja" gestimmt hatten. Es fehlten 21.374 "Ja"-Stimmen. Rund 621.000 Stimmen entsprechend 25 Prozent der BerlinerInnen hätten mindestens zustimmen müssen. Immerhin war auf 83 Prozent der abgegebenen Stimmzettel ein "Ja" und nur auf 16,8 Prozent ein "Nein" angekreuzt. Dennoch erklärte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Berliner Vereinigung der Unternehmens­verbände (UVB) noch am heutigen Sonntag abend: "Die Berliner haben heute entschieden, daß sie keine Rekommunalisierung des Stromnetzes wollen."

Der "rote" Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte sich in den vergangenen Monaten in seiner Partei trotz erheblichen Widerstands mit seiner Linie einer Ablehnung des Volksentscheids durchgesetzt. Trotz der nur 16.8 Prozent für seine Position wertet er das Ergebnis - zusammen mit großen Teilen der Wirtschafts-Lobby Berlins - als Sieg für seinen "rot-schwarzen" Senat. Um Verwirrung zu stiften gibt sich Wowereit weiterhin als Unterstützer der Energie-Wende aus und proklamierte, der "öffentliche Einfluß bei der Daseinsvorsorge" müsse "gestärkt" werden, "ohne wirtschaftlich unvertretbare Risiken einzugehen".

Wowereit sagte weiter: "Die Vorarbeiten zur Gründung eines Stadtwerks werden von den Berlinern anerkannt. Das sollten wir alle als Rückenwind zur Umsetzung der Energiewende verstehen." Eine Woche vor dem Volksentscheid hatte Wowereit nämlich ein Stadtwerk im Abgeordnetenhaus auf den Weg. KritikerInnen werteten dieses jedoch als "Phantomunternehmen", dem keine ausreichenden Kompetenzen zugestanden worden seien. In dem per Volksentscheid vorgesehenen Stadtwerk war zudem vorgesehen, daß neben den zwei Senatoren und sieben Beschäftigten auch sechs direkt gewählte BürgerInnen mitentscheiden dürften - so viel Demokratie erschien "Rot-Schwarz" denn wohl doch zu unheimlich.

Auch Frank Henkel, Berliner Partei-Chef der "Schwarzen", zeigte sich erfreut: "Berlin setzt sich damit nicht unkontrollierten Milliardenrisiken aus. Wir haben die Pläne für überflüssig und teuer gehalten und deshalb ist dies ein gutes Ergebnis. Das erspart dem Steuerzahler hohe finanzielle Belastungen."

Für eine fundierte Analyse der Niederlage ist es sicherlich noch zu früh. Doch aus den Reihen der für die Energie-Wende in Berlin Kämpfenden kommt heftige Kritik an der Einmischung von Pseudo-Grünen und Linkspartei in den vergangenen Wochen - dies habe möglicher Weise die entscheidenden 21.374 Stimmen gekostet.

Die größte Zustimmung gab es in Friedrichshain-Kreuzberg (92,9), es folgen Pankow (88,0) und Mitte (87,1), die niedrigste in Reinickendorf (73,3), Steglitz-Zehlendorf (75,6) und Spandau (75,7).

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Volksentscheid Energie-Netze Berlin
      Berliner Senat betreibt Obstruktion (25.10.13)

      Volksentscheid Energie-Netze Berlin
      Vattenfall will Netzrückkauf stoppen (15.10.13)

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      Subventionsbericht zu erneuerbaren Energien (14.10.13)

      IKEA in Konkurrenz zu Strom-Konzernen
      Solar-Anlagen aus dem Möbelhaus (30.09.13)

      Solarpark Gengenbach: Positives Beispiel
      für Energie-Wende von unten (28.09.13)

      HamburgerInnen gewinnen Volksentscheid
      und damit ihre Energie-Netze zurück (23.09.13)

      Tschechien: Stop der Förderung
      der erneuerbaren Energien -
      Subventionierung der Atomenergie? (15.09.13)

      Schmerzensgeld für "Eichhörnchen"
      Kletteraktivistin gewinnt gegen Land Hessen (18.08.13)

      Überlebenskampf der Solar-Industrie
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      (14.01.12)

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      im Dienste der "Großen Vier" (13.01.12)

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