Umwelt-Katastrophe
Fisch-Sterben in der Oder
Frankfurt a. d. Oder (LiZ). Immer mehr tote Fische werden aus dem polischen Oberlauf der Donau angeschwemmt. Die Giftflut hat mittlerweile Schwedt erreicht. Die Ursache ist unklar, denn aus Polen liegen - entgegen zwischenstaatlichen Vereinbarungen - keine Informationen vor. Vermutlich wurden industrielle Giftstoffe am 27. oder 28. Juli 2022 beim polnischen Opole eingeleitet. Zur Dimension der Katastrophe trägt möglicherweise auch die gegenwärtige Hitze und der niedrige Wasserstand bei.
Außer vielen Tonnen toter Fische wurden auch Biber, Enten und andere Vögel tot geborgen. Die Behörden warnen davor, das Flußwasser zu nutzen oder damit in Kontakt damit zu kommen.
Von brandenburgischen Regierungsvertretern heißt es, die "Meldekette" zwischen der polnischen und der deutschen Seite hätte nicht funktioniert. Genutzt hätte eine frühzeitige Information allerdings nichts mehr, nachdem der Schaden bereits eingetreten war. Eine Möglichkeit, eingeleitete Giftstoffe im Fluß zu neutralisieren, ist nicht gegeben, zumal auch die polnische Seite offenbar über keinerlei Informationen verfügt, um welche Chemikalien es sich handelt.
Zu dem Fischsterben ermittelt nun auch das Landeskriminalamt (LKA). Brandenburgische Behörden werteten Wasser-Proben aus. In Polen sagte Krzysztof Niemczuk, Leiter des staatlichen Forschungsinstituts in Pulawy, er habe bisher noch keine toten Fische zur Untersuchung erhalten.
Die Auswirkungen auf das Ökosystem lassen schon jetzt auf synthetische chemische Stoffe rückschließen, die sehr wahrscheinlich auch für Wirbeltiere giftig sind. In Polen gab es in den vergangenen Tagen nicht einmal Warnhinweise an die Bevölkerung, keine Fische aus der Oder zu essen und nicht im Fluß zu baden. Dabei waren bereits Ende Juli in Polen tote Fische gefunden und Wasserproben entnommen worden.
Auf deutscher Seite soll jetzt die Beseitigung der toten Fische an den Ufern der Oder koordiniert werden. Das kündigte der Kreis Märkisch-Oderland am Donnerstag (11.08.22) an. Vögel und Schlangen, die Aas fressen, werden angelockt, wie ein Sprecher sagte. Die Bevölkerung solle Kadaver aber nicht auf eigene Faust aufsammeln. Unklar ist allerdings bis jetzt, wie die Kadaver "entsorgt" werden sollen, da es sich höchstwahrscheinlich um Sonderabfall oder "Giftmüll" handelt.
In Polen zeigte der Fernsehsender TVN24 am Donnerstag Bilder von Freiwilligen, die massenweise tote Fische aus dem Fluss holten. Einer der Helfer beklagte, nach der Berührung mit dem Wasser habe er an den Händen rötliche Hautreizungen bekommen. Die Helfer sollen bei ihrer Arbeit Unterstützung von der polnischen Armee bekommen.
In Brandenburg riefen neben der Stadt Frankfurt a. d. O. und dem Kreis Märkisch-Oderland auch die Kreise Oder-Spree, Uckermark und Barnim dazu auf, direkten Kontakt mit dem Wasser der Oder und damit verbundenen Gewässern zu vermeiden. Die Fluß-Badestelle in Schwedt wurde jetzt gesperrt.
NaturschützerInnen gehen von weitreichenden Folgen für den Nationalpark Unteres Odertal aus. "Die Auswirkungen sind einfach furchtbar," sagte der stellvertretende Nationalparkleiter Michael Tautenhahn. "Für den Nationalpark ist das schlichtweg eine Katastrophe."
Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kommentierte: "Das Fisch-Sterben ist Symptom einer jahrzehntelangen Fehlplanung in der Wasserwirtschaft und einer chronischen Unterfinanzierung des Gewässerschutzes."
Anmerkungen
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