Westantarktis schmilzt unaufhaltsam
Anstieg des Meeresspiegels um 3 Meter
Potsdam (LiZ). WissenschaftlerInnen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sind zu dem Ergebnis gekommen, daß der westantarktische Eisschild den Kipp-Punkt bereits überschritten hat. Sein Abschmelzen sei daher nicht mehr abzuwenden und in der Folge werde der Meeresspiegel um mehr als drei Meter ansteigen.
Warnungen gab es genug. Bereits im Jahr 1978 warnte der US-Forscher John Mercer eindringlich in seinem Beitrag 'West Antarctic ice sheet and CO₂ greenhouse effect: a threat of disaster' in der Fachzeitschrift 'nature': "Der Verlust des Westantarktischen Eisschildes wäre wahrscheinlich die erste desaströse Folge der weiteren Nutzung fossiler Brennstoffe." Doch in den vergangenen Jahrzehnten wurden KlimaforscherInnen, die vor den Folgen des menschengemachten CO₂-Ausstosses warnten, häufig – beispielsweise in dem ehemaligen Nachrichtenmagazin 'spiegel' – als "Untergangspropheten" verunglimpft.
So Manche wird nun auch diese Erkenntnis zu der bequemen Schlußfolgerung verleiten, Maßnahmen zur Reduzierung des CO₂-Ausstosses seien nun obsolet. Diese Schlußfolgerung wäre mit der eines Menschen vergleichbar, der mit der linken Hand in die Kreissäge geraten ist und nun meint, es mache jetzt auch nichts mehr aus, die rechte Hand oder das Bein hineinzuhalten.
Wie im März publik wurde, schmilzt bereits heute das Grönland-Eis mit bislang ungeahntem Tempo (Siehe unseren Artikel v. 17.03.14). Bei einem vollständigen Abschmelzen des Grönland-Eises mit einem Volumen von 2,9 Millionen Kubikkilometern steigt der Meeresspiegel um 7,3 Meter. Kommt noch das Eis der Antarktis hinzu, werden insgesamt 66 Meter erreicht (Siehe unseren Artikel v. 27.08.13). Inzwischen ist bekannt, daß Grönland und die Antarktis zusammen seit 1992 pro Jahr rund 208 Kubikkilometer Eis verloren haben – also jährlich rund 200 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Eis.
Es geht dann nicht mehr nur allein um den Verlust von Küstenstädten wie New York oder Amsterdam, sondern bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 66 Meter geht es um das Ende der menschlichen Zivilisation auf diesem Planeten. Und das in einem dramatisch kurzen Zeitraum von wenigen Jahrhunderten.
Es ist ein historischer Wendepunkt – nicht nur für die Klimaforschung, sondern für die Menschheit. Seit März 2014 ist bekannt, daß der westantarktische Eisschild höchstwahrscheinlich instabil geworden ist. "Der Planet ist in eine neue Ära eingetreten," kommentierte der Antarktis-Experte Anders Levermann.
Drei riesige kontinentale Eisschilde gibt es derzeit auf der Erde: den grönländischen, den westantarktischen und den ostantarktischen Eisschild. Es handelt sich um mehrere tausend Meter dicke Land-Eismassen, die die Schneefälle von hunderttausenden Jahren enthalten.
In den 1970er Jahren haben Gletscher-Forscher wie Hans Weertman, Robert Thomas und Terry Hughes die fundamentale Instabilität dieser Eisschilde entdeckt. Sie betrifft Eismassen, die auf Land unterhalb des Meeresspiegels liegen und ins Meer fließen und kalben. Eine solche Eismasse hat eine Aufsetzlinie, ab der sie nicht mehr am Boden aufliegt sondern schwimmt. Der auf dem Meerwasser schwimmende Teil wird als Eisschelf bezeichnet. Nach und nach rutscht Eismasse nach. Um einen Gleichgewichtszustand zu erhalten, muß der Eisschild von oben genügend Wasser in Form von Schnee erhalten, um den Verlust durch kalbende Eisberge kompensieren zu können.
Schrumpft die Eismasse in Folge klimatischer Veränderungen, zieht sich die Aufsetzlinie landwärts zurück. Entscheidend ist hierbei: Fällt der Boden unter der Aufsetzlinie landeinwärts ab, beschleunigt sich die Bewegung auch ohne weitere Temperaturveränderung. Nichts verhindert dann ein immer rascheres Abfließen des Eises ins Meer. Denn je tiefer die Aufsetzlinie ist, desto weniger wird das Eis durch Reibung am Untergrund gebremst. Und diese Bedingungen treffen auf den westantarktischen Eisschild zu. Im Laufe der vergangenen Wochen haben nun gleich mehrere WissenschaftlerInnen-Teams mit unterschiedlichen Methoden gezeigt, daß das von Mercer befürchtete beschleunigte Abschmelzen des westantarktischen Eisschildes eingesetzt hat. Offenbar wurde der Kipp-Punkt längst überschritten.
Meßdaten belegen, daß sich die Aufsetzlinie des westantarktischen Eisschildes teils um mehr als einen Kilometer pro Jahr zurückzieht. Nun ist die Spitze einer Bodenerhebung erreicht, ab wo es nur noch abwärts geht. Das weitere Abrutschen des Eisschildes folgt einer beschleunigten Dynamik, bis das gesamte Amundsenbecken – etwa so groß wie Frankreich – von Eis entleert ist und der Meeresspiegel weltweit dadurch um einen Meter steigt. Höchstwahrscheinlich wird dies das Ende des gesamten westantarktischen Eisschildes besiegeln.
Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf fragt besorgt: "Warum werden Warnungen der Wissenschaft vor derart schwerwiegenden Bedrohungen jahrzehntelang kaum ernst genommen, bis es zu spät ist?" Die Menschheit wird derzeit in einem Intelligenz-Test geprüft, der darüber entscheidet, ob sie auf diesem Planeten (einen zweiten gibt's nicht zu kaufen) überleben wird. Die entscheidende Frage lautet, wie lange sie noch mehrheitlich korrupten PolitikerInnen vertraut, die von Klimaschutz-Zielen fabulieren.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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