Schwarzer Donnerstag
Wasserwerfer-Einsatz beschäftigt Gericht
Stuttgart (LiZ). Der brachiale Wasser- werfer-Einsatz am "Schwarzen Donnerstag", 30. September 2010, wird nun vor Gericht verhandelt. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen zwei Beamte, die beim Polizei-Einsatz gegen 'Stuttgart-21'-DemonstrantInnen im Schloßgarten in "verantwortlicher" Position eingesetzt waren. Rund 400 Menschen wurden bei dem Einsatz verletzt, neun darunter schwer, ein Demonstrant verlor das Augenlicht.
Neben den zwei Beamten der Einsatzleitung, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, am 30. September 2010 ihre Sorgfaltspflicht verletzt und sich der fahrlässigen Körperverletzung im Amt schuldig gemacht zu haben, erwartet vier weitere den Erlaß eines Strafbefehls. Gegen sechs Beamte wurde das Verfahren laut Staatsanwaltschaft eingestellt.
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, welche Verantwortung der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus für einen Wasserwerfer-Einsatz trägt wie er in Deutschland zuvor nur aus Gorleben, Wackersdorf oder Wyhl bekannt war. Es gibt Indizien, daß er in den Tagen vor dem 30. September 2010 bei der Stuttgarter Polizeiführung einen harten Einsatz gegen die Demonstrationen anordnete, die im September im Wochenabstand von 60.000 auf über 100.000 angewachsen waren. Offenbar hatte Mappus erkannt, daß eine Platzbesetzung - und damit das Aus für 'Stuttgart 21' - unmittelbar bevorstand.
Die beiden 40- und 47-jährigen angeklagten Beamten waren als Einsatzabschnittsleiter eingesetzt und für die Wasserwerfer zuständig. Offenbar entziehen sich die höheren Ebenen der Verantwortung, denn obwohl der Einsatz der Wasserwerfer von der Polizeiführung angeordnet war, behauptete diese gegenüber der Staatsanwaltschaft, sie habe die Auflage erteilt, sich beim Einsatz der Wasserwerfer auf "Wasserregen" zu beschränken und nicht mit gezielten Wasserstrahlen gegen DemonstrantInnen vorzugehen. Angeblich verstärkten die Polizei-Einsatzleiter vor Ort ohne Deckung von Oben den Einsatz: Weil die abschreckende Wirkung nicht ausreichend gewesen sei und "immer mehr Demonstranten in den Schloßgarten" gekommen seien, habe der Wasserwerfer-Einsatz von "Wasserregen", "Wassersperren", "Wasserstößen" bis hin zu "Wasserstrahlen" intensiviert werden müssen.
Dabei ist nach internen Polizei-Vorschriften eigentlich untersagt, daß mit dem Wasserstrahl, der schwere Verletzungen hervorrufen kann, auf die Köpfe von Menschen gezielt wird. Den beiden Angeklagten wird nun vorgeworfen, die angebliche Vorgabe einer Beschränkung des Wasserwerfer-Einsatzes auf "Wasserregen" nicht an den Staffelführer und an die Besatzungen der Wasserwerfer weitergegeben zu haben. Ungeklärt bleibt dabei die Frage, ob die Besatzung der Wasserwerfer den Einsatz quasi versehentlich verschärfte. Gerügt wird von der Staatsanwaltschaft darüber hinaus, daß die beiden Angeklagten nicht dafür gesorgt hätten, daß die Köpfe von DemonstrantInnen verschont blieben. Wer sich an die bürgerkriegsähnlichen Szenen im Stuttgarter Schloßgarten erinnert (Siehe unseren Artikel vom 30.09.10) wird sich fragen, ob all die Exzesse am 30. September 2010 - Schlägen gegen liegende DemonstrantInnen, Stöße in den Graben, Pfefferspray mitten ins Gesicht - ohne Vorgaben von Oben zu erklären sind. Und ebenso liegt die Frage auf der Hand, ob mit diesem Gerichtsverfahren lediglich ein "Bauernopfer" inszeniert werden soll.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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