23.03.2015

Gabriel liebt Fracking
Gesetz nur Placebo

Gabriel liebt Fracking - Collage: Samy
Berlin (LiZ). Mehrere Umwelt-Verbände sowie die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft haben heute den von "Schwarz-Rot" vorgelegten Rechts­rahmen zur Förderung von Erdöl und Erdgas durch Fracking scharf kritisiert. Gegen den Gesetzentwurf von "Energie"-Minister Sigmar Gabriel regt sich breiter gesellschaftlicher Widerstand.

Mit dem von Sigmar Gabriel in Abstimmung mit "Umwelt"-Ministerin Barbara Hendricks vorgelegten Gesetzentwurf könne der Schutz von Mensch, Natur und Wasser nicht gewährleistet werden, erklärten in einer gemeinsamen öffentlichen Stellungnahme der Deutsche Naturschutzring (DNR), darunter die Umwelt-Verbände BUND und NaBu, die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AÖW), die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (AGU), die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), das Netzwerk der Bürgerinitiativen gegen Fracking 'Gegen Gasbohren', das Umweltinstitut München und die Entwicklungs-Organisation 'Power-Shift'.

Obwohl die "schwarz-rote" Bundesregierung betont, das vorgelegte Fracking-Regelungspaket berücksichtige den Wasser- und Gesundheitsschutz als oberste Priorität, würden dies mit dem im Entwurf vorliegenden Gesetz keineswegs gewährleistet - so die einhellige Kritik der Verbände. Im Gegenteil werde mit diesem Gesetz in weiten Teilen Deutschlands für Fracking der Weg freigemacht. Lediglich für Schiefer- und Kohleflözgas-Vorkommen oberhalb einer Tiefe von 3000 Meter ist dabei die Befürwortung durch eine Expertenkommission erforderlich. Diese ist jedoch überwiegend mit Fracking-BefürworterInnen besetzt.

Die Verbände erkennen in den Gesetz-Entwurf systematisch eingebaute Lücken, durch die der Schutzstatus sensibler Gebiete ad absurdum geführt werde und Umwelt- und Gesundheitsschäden vorprogrammiert seien. Enormer Flächen- und Wasserverbrauch, Erdbebengefahr, Austritt klima- und gesundheitsschädlicher Gase sowie Boden- und Wasserverschmutzung seien reale Gefahren, die mit einem solchen "Placebo-Gesetz" nicht ausgeschlossen werden können.

Insbesondere das von der Bundesregierung zum Schein immer noch aufrecht erhaltene Ziel, die klimawirksame Emission von Kohlendioxid und anderen Treibhaus-Gasen zu reduzieren, wird aus der Sicht der öffentlichen Wasserwirtschaft, Kirchen, Gewerkschaft, Bürgerinitiativen und Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen durch solch ein Gesetz konterkariert. Vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Abfolge ergebnisloser Klima-Gipfel erscheint dieser Gesetzentwurf der deutschen Bundesregierung als passendes zynisches Signal für die UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris.

Nach Ansicht der Verbände können die immer wieder angekündigten Klimaschutz-Ziele nur eingehalten werden, wenn ein ein Großteil der noch vorhandenen fossilen Ressourcen in der Erde verbleibt. Sie erinnern daran, daß auch "Schwarz-Rot" - im Widerspruch zum realen Handeln aller Vorgänger-Regierungen - im Dezember 2013 in den Koalitions-Vertrag schrieb, die Regierung wolle "den Wandel von einer überwiegend auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaft zu einer auf erneuerbaren Ressourcen beruhenden, rohstoffeffizienten Wirtschaft voranzutreiben und damit die Energiewende zu unterstützen."

Fracking dient stattdessen dazu, weitere fossile Energieträger zu erschließen. Kritisiert werden seit langem, die damit verbundene risikoreiche Technik, umweltschädliche Methoden und hohe volkswirtschaftlichen Folgekosten. Statt dies zu fördern, sei eine "entschlossene und konsequente Umsetzung der Energie-Wende durch die Bundesregierung erforderlich" - so die Verbände. Vergessen oder ausgeblendet wird hierbei allerdings, daß sämtliche Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte die Energie-Wende gebremst statt gefördert haben und ausnahmslos die Atomenergie mit jährlich über 11 Milliarden Euro (vor Einführung der Brennelemente-Steuer: jährlich über 17 Milliarden Euro) und der Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle mit jährlich über 13 Milliarden Euro subventioniert (Siehe unseren Artikel v. 7.12.14). "Schwarz-Rot" hat mit Hilfe der massiven Änderungen am EEG innerhalb von nur zwei Jahren mehr als 100.000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energie vernichtet (Siehe unseren Artikel v. 2.03.15).

Liselotte Unseld, DNR-Generalsekretärin, sagte:
"Die Fracking-Gesetzesvorschläge der Bundesregierung sind nicht mehr als ein Placebo. Mittel- bis langfristig ist Fracking damit nicht zu verhindern. Damit konterkarieren die Regierungsentwürfe sämtliche klima-, energie- und naturschutzpolitischen Zielvorgaben. Das können und wollen wir uns nicht leisten!"

Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AÖW):
"Da die Beherrschbarkeit der Fracking-Technik nicht endgültig geklärt ist, sollte nach dem Vorsorge-Prinzip die Anwendung unterlassen werden. Das Verbot von Fracking in Wasserschutz- und Heilquellen-Schutzgebieten und an Seen und Talsperren, die zur Trinkwasser-Gewinnung genutzt werden, reicht zur Vorsorge nicht aus."

Oliver Kalusch, Netzwerk 'Gegen Gasbohren':
"Die Bundesregierung will ein Fracking-Recht schaffen, das maßgeschneidert für die Gasindustrie ist. Dagegen wehren sich Bürgerinitiativen in ganz Deutschland. Es ist nicht akzeptabel, eine Technik einzusetzen, die das Grundwasser gefährdet und Erdbeben auslöst. Dringend erforderlich ist hingegen ein ausnahmsloses Fracking-Verbot, das im Bundesberggesetz festgeschrieben wird."

Dr. Gudrun Kordecki, Arbeitsgemeinschaft der Umwelt­beauftragten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (AGU):
"Wenn mit Fracking unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten ausgebeutet werden, ist dies ein völlig falsches Signal für die im Dezember in Paris stattfindende UN-Klimakonferenz. Deutschland sollte diese Gas-Reserven für kommende Generationen im Boden belassen und stattdessen auf erneuerbare Energien setzen und konsequent Strategien der Energieeffizienz und Suffizienz ausbauen."

Micha Heilmann, Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG):
"Sauberes Trinkwasser, saubere Luft und lebendige Böden sind die unverzichtbaren Grundlagen der Produkte der Betriebe, in denen die NGG-Mitglieder arbeiten. Nicht nur aus Naturschutz-Aspekten, sondern auch mit Blick auf die in diesen Branchen beschäftigten Menschen und deren Arbeitsplätze ist der Verzicht auf Fracking unumgänglich."

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Urteil pro Bienenschutz
      BUND siegt gegen Bayer-Konzern (11.03.15)

      Vorreiter der Umweltzerstörung
      Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)

      Robin Wood siegt vor Gericht
      über Polizei-Willkür (3.03.15)

      Verkehrs-Wende im Rückwärtsgang
      LkW-Verkehr verstärkt subventioniert (16.02.15)

      Wald-AIDS 2014
      Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)

      Industrielle Landwirtschaft
      rottet Hamster aus (10.02.15)

      Vorprogrammierte Umwelt-Katastrophe
      Shell will vor Alaska nach Öl bohren (29.01.15)

      Zweiter Planet im Kofferraum?
      Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)

      Erneuerbare bei 26 Prozent
      Wachstum weiterhin gebremst (27.12.14)

      Anti-Arbeitsplatz-Minister Gabriel:
      30.000 Jobs durch EEG-Sabotage vernichtet (25.10.14)

      Industrielle Landwirtschaft gefährdet Grundwasser
      Strenge Düngeverordnung gefordert (24.10.14)

      Industrielle Landwirtschaft tötet
      Fischsterben in der Elbe (24.07.14)

      Warnung vor Gentech-Landwirtschaft
      wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)

      Todeszonen der Ostsee weiten sich aus
      Bundesregierung untätig (17.06.14)

      Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet
      als bislang angenommen (16.06.14)

      Industrielle Landwirtschaft treibt
      Klimakatastrophe voran (17.04.14)

      Bienensterben international
      Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen
      (7.04.14)

      Wald-AIDS 2013
      Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)

      60.000 DemonstrantInnen
      gegen Flughafenbau in Nantes
      Umweltbewegung kontra P"S" (23.02.14)

      Agrar-Wende - Erneuern sich
      die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)

      Das Aussterben der Bienen kann
      plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)

      Honig darf verunreinigt werden
      Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu
      (25.10.13)

      Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
      verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)

      Flächenfraß
      Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche
      (13.10.13)

      Agrar-Subventionen
      BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)

      Jugend mag Bio
      23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)

      VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
      darf Pestizide enthalten (2.08.13)

      Chemie in Obst und Gemüse
      Nur Bio-Lebensmittel unbelastet (17.06.13)

      Phosphat-Dünger
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)

      Bio-Lebensmittel: Die Produktion in Deutschland
      hinkt der Nachfrage hinterher (6.05.13)

      Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)

      Dem deutschen Wald geht es schlechter
      als in den 1980er-Jahren (4.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Demo in Berlin für Agrar-Wende
      25.000 erklären: "Wir haben es satt" (19.01.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      EU-Kommission versucht Gen-Honig
      durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)

      Bio-Lebensmittel
      - nur ein Mythos? (4.09.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Bio-Landwirtschaft
      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Artenvernichtung
      Osterhase gefährdet? (4.04.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Wald-AIDS greift um sich
      Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
      Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig"
      (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      Uran im Trinkwasser
      foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)

      Appell gegen Massentierhaltung
      Für eine Agrar-Wende (23.11.10)

      Die Ostsee stirbt
      Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      Greenpeace: Salate nach wie vor
      stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)

      Bio-Landwirtschaft
      Option für Klimaschutz
      und Sicherung der Welternährung (26.01.10)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr
      (18.11.09)

      Bundesregierung unterliegt:
      Liste der Agrar-Subventionen endlich öffentlich (9.06.09)

      Die Ostsee stirbt
      Immer weniger Schweinswale (28.01.09)

      Wald-AIDS auch in den USA
      Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig
      agro-industrielle Landwirtschaft (24.07.08)

      Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
      Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser
      (18.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
      Zusammenhang mit Bienensterben
      nun doch nachgewiesen (17.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
      Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)

      Bio-Mandarinen deutliche besser
      Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Gabriel desinteressiert (15.11.07)

      Die Ostsee stirbt
      Deutschland schaut zu (28.09.07)

      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Eisbär leidet unter Pestiziden (13.09.04)

      Paprika mit Pestiziden
      Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast
      (2.07.04)

      Agrar-Wende
      Nichts als heiße Luft (24.01.04)

      Bio-Landbau wächst (24.11.03)

      Obst- und Gemüse
      aus dem Bio-Laden (21.09.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Apollofalter
      the scream of the butterfly (19.05.03)