Klima-Idiotie im Vorfeld der IAA
durch Gutachten aufgedeckt
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Berlin (LiZ). Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisieren eine Woche vor Beginn der Internationalen Automobilausstellung (IAA) die deutschen Auto-Produzenten scharf. Ein von ihnen vorgelegtes Gutachten belegt eine anachronistische Entwicklung hin zu immer schwereren und übermotorisierten, klimaschädlichen Modellen.
Das Gutachten mit dem Titel "Die Modellentwicklung in der deutschen Autoindustrie: Gewicht contra Effizienz" weist nach, daß der Trend zu leistungsstärkeren Motoren und immer höherem Gewicht bei neuen PKW-Modellen weitergeht und VW/Audi, BMW, Daimler, Porsche und Opel (GM) kein Interesse daran zeigen, den VerbraucherInnen kostengünstige Modelle mit einem CO₂-Ausstoß von weniger als 80 Gramm pro Kilometer anzubieten. Daß dies technisch problemlos zu realisieren wäre, bewies Greenpeace bereits 1996. Damals präsentierte die Umweltschutz-Organisation Greenpeace den SmILE, einen auf der Basis eines Standard-Kleinwagens umgebauten Prototyp, der rund 3 Liter pro 100 Kilometer Benzin verbrauchte - was einem CO₂-Ausstoß von weniger als 70 Gramm pro Kilometer entspricht. Im Oktober 2000 wurde der SmILE von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Wien als bestes Beispiel für eine nachhaltig umweltverträgliche Technik im PKW-Bereich ausgezeichnet. Doch praktische Konsequenzen hatte dies so gut wie keine.
Im Juni 2005 stellte der VW-Konzern die Produktion des so genannten 3-Liter-Lupo ein. Als Grund gab die Konzern-Führung an, die Nachfrage sei zu gering und die Kosten zu hoch. Greenpeace kritisierte damals, daß VW die geringe Nachfrage bewußt provoziert hatte, um den Wunsch nach sparsamen Autos abzuwürgen. Der 3-Liter-Lupo kostete 4.000 Euro mehr als das Lupo-Basismodell. Zum gleichen Preis bot VW einen voll ausgestatteten Polo oder einen Golf mit Grundausstattung an. Für KäuferInnen gab es keinen Preis-Anreiz. Günter Hubmann, Verkehrs-Experte von Greenpeace, kommentierte dies 2005: "Offensichtlich hatte der Konzern von Anfang an nur ein Ziel. Er wollte die Forderung an die Autoindustrie unterdrücken, den Verbrauch der gesamten Auto-Flotte erheblich zu verringern. Jetzt kann VW ein sparsames Auto als nicht machbar, zu teuer, zu aufwändig und unverkäuflich darstellen."
Als schlechter Witz erscheint vor diesem Hintergrund die "Verschärfung" der EU-Vorgaben, wonach alle Automobil-Hersteller bis Ende dieses Jahres einen durchschnittlichen CO₂-Ausstoß bei Neuwagen von 130 Gramm pro Kilometer erfüllen müssen. Daß von der Parteien-Politik weder in Deutschland noch auf EU-Ebene Unterstützung für die Verkehrs-Wende zu erwarten ist, dürfte nach über einem Vierteljahrhundert folgenloser Versprechen auf Klima-Gipfeln klar sein (Siehe hierzu etwa das Zitat von Hermann Scheer in unserem Artikel v. 22.11.13). Dennoch deklamiert Michael Müller-Görnert, Referent für Verkehrspolitik beim VCD: "Die Politik muß sich vehement für die Fortschreibung ambitionierter Grenzwerte einsetzen."
Bereits Mitte der 1980er-Jahre hatte der schwedische Ingenieur Olof Tegström in der Praxis bewiesen, daß mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff nicht nur Heizung und Herd, sondern auch - nach geringfügigen Eingriffen am Motor - ein Auto betrieben werden kann (Siehe unseren Artikel v. 3.11.07). Daß dieses Wissen von Automobil-Konzernen im Verbund mit der Mineralöl-Industrie unterdrückt wird, darf nicht verwundern. Die Zukunft jedoch gehört dem Auto mit Wasserstoff betriebenem Verbrennungsmotor - und nicht etwa einer Alibi-Alternative wie dem Elektro-Auto mit Akku oder Brennstoffzelle.
Der in der neuen von VCD und BUND vorgelegten Studie aufgezeigte Trend in Richtung Klima-Idiotie war schon im vergangenen Jahren unverkennbar (Siehe unsere Artikel v. 4.07.15 oder v. 23.12.13). Selbst in sogenannten Auto-Zeitschriften wird inzwischen kritisch die Frage aufgeworfen, ob denn SUVs (Sports Utility Vehicles) die Mobilität der Zukunft verkörpern. Aus ökologischer Sicht und vor dem Hintergrund der zumindest in Sonntagsreden beschworenen Nachhaltigkeit stellen SUVs unbestreitbar einen Rückschritt dar - vor allem was Sprit-Verbrauch und Ressourcen-Verbrauch anbetrifft. Besonders deutlich wird das beim Wasser-Fußabdruck oder auch "water footprint". Er gibt an, wie viel Wasser für die Herstellung eines Produktes benötigt wird. Bei der Produktion eines durchschnittlichen Autos werden 400.000 Liter Wasser verbraucht - bei Berücksichtigung der gesamten Produktionskette. Ein durchschnittliches deutsches Auto bringt es bis zum Erreichen des Schrottplatzes auf rund 150.000 Kilometer. So ergibt sich für jeden gefahrenen Kilometer mit einem Durchschnittsauto ein Wasser-Fußabdruck von etwa 2,7 Liter - während hingegen ein großer SUV doppelt so viel Wasser in der Produktion verschlingt und damit einen "water footprint" von über 5 Liter pro Kilometer aufweist.
Nach dem negativen Vorbild von VW bieten heute auch andere Automobil-Konzerne in ihrer Modell-Palette einzelne effiziente Kleinwagen an - mit deutlich überzogenen Aufpreisen. Das Versprechen der deutschen Auto-Industrie, alles zu tun, um effizientere und sparsamere Fahrzeuge auf den Mark zu bringen, werde in der Realität verfehlt, kritisierten die ExpertInnen von VCD und BUND. "Tatsache ist: Deutsche Autos könnten wesentlich sparsamer sein. Im Interesse der Kunden und im Interesse des Klimaschutzes wäre viel mehr nötig und auch machbar. Die Autofirmen bei uns sind zwar Meister darin zu zeigen, was an technischen Raffinessen alles möglich ist. Wenn es aber darum geht, neue und innovative Fahrzeug-Konzepte auf die Straße zu bringen, sind dieselben Firmen nicht einmal Durchschnitt," sagte BUND-Verkehrs-Experte Jens Hilgenberg.
Die Auswirkungen des Autoverkehrs auf Natur und Klima sind nach wie vor immens. Der Anteil des Straßenverkehrs an der anthropogenen Emission von CO₂ liegt nach unabhängigen Berechnungen bei 11,5 Prozent. Hinzu kommen die Emission an Feinstaub (Siehe unseren Artikel v. 25.04.15) und die Zerstörung von Landschaft (Siehe unseren Artikel v. 8.01.15). Der Beitrag, den Autos - verursacht durch Dieselruß, Bremsbelag- und Reifenabrieb - zum Feinstaub beitragen, bewirkt eine Verkürzung der Lebenserwartung in der EU um mehr als 8 Monate.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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