20.01.2015

Indien: Erfolg beim Tiger-Schutz
Mißachtung von Menschenrechten

Neu-Delhi (LiZ). Die Zahl der Tiger in Indien ist nach amtlichen Angaben deutlich gestiegen. Die indische Regierung wertet dies als Erfolg des Artenschutzes. Allerdings kritisierten Menschenrechts-Organisationen bei Umsiedlungs-Aktionen gravierende Verstöße gegen Angehörige der Baiga.

Die Zahl der Tiger in Indien ist in den vergangenen Jahren um fast ein Drittel gestiegen. 2.226 Tiger seien bei der jüngsten Bestandsaufnahme gezählt worden, sagte der indische Umweltschutzminister Prakash Javadekar am heutigen Dienstag in Neu-Delhi. Vier Jahre zuvor seien es nur 1.700 Exemplare gewesen. "Das ist eine großartige Leistung," sagte Javadekar. Nach seinen Angaben leben in Indien rund 70 Prozent der weltweiten Tiger-Population.

Noch vor einem Jahrhundert gab es Schätzungen zufolge rund 100.000 Exemplare der von Umweltschutz-Organisationen als "Leuchtturm-Spezies des weltweiten Artenschutzes" bezeichneten Art. Wildtierjagd und der internationale Handel etwa mit Tiger-Knochen reduzierte die Zahl der Tiger in den vergangenen hundert Jahren um 97 Prozent. 2006 streiften laut offiziellem Bestandsregister nur noch 1.411 Tiger durch Indien.

In den vergangenen Jahren zeigte die indische Regierung mehr Interesse am Artenschutz und ging hart gegen Wilderer vor. Außerdem schuf sie strenge Regeln für die Tiger-Schutzgebiete und nahm Umsiedlungs-Aktionen vor. Seit 2012 konnte zum dritten mal in Folge ein positiver Bestandstrend beim Tiger verzeichnet werden. VertreterInnen von Tierschutz-Organisationen halten die nun stabile oder sogar ansteigende Population für einen großen Erfolg - gerade angesichts der hohen Bevölkerungsdichte in Indien.

In diesem Zusammenhang ist nun auch die Rede davon, es sei gelungen, "den Menschen vor Ort eine Perspektive" zu geben. Dies muß allerdings leider bezweifelt werden. Offenbar schauen große Umweltschutz-Organisationen hier nicht genauer hin - oder schlimmer noch: sie schauen bewußt weg.

Nach einem Bericht der Menschenrechts-Organisation 'Survival International' wurden Indigene im indischen Kanha-Tiger-Schutzgebiet aus ihrer Heimat vertrieben. Auch die ihnen nach indischem Recht zustehende Entschädigung wurde ihnen verwehrt.

Das Kanha-Tiger-Schutzgebiet - fiktiver Ort der Erzählung um Mowgli und den bösen Tiger Shir Khan aus dem "Dschungelbuch" des britischen Autors Rudyard Kipling - ist heute der Ort der Vertreibung von Angehörigen der Baiga. Diese indigene Volksgruppe lebt dort seit Urzeiten in den Wäldern.

Baiga-Familien wurden lauf 'Survival International' eingeschüchtert, damit sie das Schutzgebiet verlassen. Sie berichteten, daß ihnen die indische Forstbehörde angedrohte, Elefanten loszulassen, um ihre Häuser und Felder zu zertrampeln. Im Sommer 2014 wurde ihnen weder Land zugewiesen, noch wurde ihnen Hilfe beim Aufbau eines neuen Lebens außerhalb von Kanha zuteil. Monate nach den Vertreibungen berichten Baiga-Familien, daß sie nur einen Bruchteil der ihnen zustehenden Entschädigung erhalten haben – andere seien völlig leer ausgegangen. Ein Baiga erklärte vor den Vertreibungen gegenüber 'Survival International': "Sie wollen uns Geld geben. Wir wollen kein Geld. Wir wollen Land. Geld bedeutet für uns nichts."

Bei einer ähnlichen Vertreibung im Dezember 2013 wurden 32 Khadia-Familien aus dem Tiger-Schutzgebiet Similipal im Bundesstaat Odisha vertrieben. Sie mußten unter Plastikplanen hausen und haben bis heute weder die versprochene Entschädigung noch alternatives Land zum Siedeln erhalten. Indisches und internationales Recht schreiben vor, daß die Behörden zuerst nachweisen müssen, daß von Umsiedlungs-Plänen Betroffene ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung zur Umsiedlung gegeben haben.

Romantische Vorstellungen von einer Rückkehr der Baiga-Familien in die Tiger-Schutzgebiet dienen jedoch letztlich mehr der indischen Regierung als den Betroffenen. Die indische Regierung hat sich übrigens vor allem deshalb auf den Tiger-Schutz besonnen, weil sie so zahlungskräftige TouristInnen anlocken kann, die zu Tausenden in lauten Jeeps durch die eingezäunten Gebiete gefahren werden.

 

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Wölfe in der Schweiz
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      Chinesisch-russische Kooperation
      zum Schutz des Sibirischen Tigers (30.08.10)

      Rettung für Humboldt-Pinguine?
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      Artensteben im überfischten Mittelmeer
      Todesstoß Erdöl-Förderung? (5.08.10)

      Die Ostsee stirbt
      Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)

      Korruption bedroht Überleben
      des Tigers in Rußland (26.07.10)

      BP lernresistent
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      Arktis schmilzt in Rekord-Tempo
      Eisbären gefährdet (9.07.10)

      Wale und Delphine leiden
      unter zunehmendem Lärm (8.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      IWC schreibt Status Quo fort
      Weiterhin illegaler Walfang (24.06.10)

      Korruptions-Skandal bei der Walfangtagung
      IWC-Vorsitzender unter Bestechungsverdacht (21.06.10)

      Rettung für Wale?
      Bundestag beschließt Ausstiegs-Szenario (10.06.10)

      "Schwarz-Gelb" fördert Ausrottung des Orang-Utan
      Kredit an urwaldzerstörenden Palmöl-Konzern (20.05.10)

      Amazonas-Gebiet: Mega-Staudämme
      gefährden Indianer (19.05.10)

      Greenpeace: Diesel in Deutschland
      zerstört Urwald (5.05.10)

      Chile: Kohlekraftwerks-Projekte
      bedrohen Humboldt-Pinguin (2.05.10)

      Peru: Öl-Konzern Repsol plant Ausbeutung im Regenwald
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      Greenpeace-Protest in Rotterdam
      Walfleisch für Japan (2.04.10)

      Globale Waldvernichtung:
      13 Millionen Hektar pro Jahr (26.03.10)

      Artenschutzkonferenz zündet nächste Stufe
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      Kitkat und die toten Orang-Utans
      Greenpeace deckt Zusammenhang auf (17.03.10)

      Mega-Staudammprojekt in Brasilien
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      Fatale Zusagen an Walfänger geplant
      Antarktis-Schutzgebiet in Gefahr (28.02.10)

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      Japanisches Schiff rammt Tierschützer-Boot (6.01.10)

      Groteske Wolfs-Jagd in Schweden
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      Coltan-Boom bedroht Gorillas im Kongo
      Blutige Geschäfte - die dunkle Seite
      der glitzernden High-Tech-Welt (22.12.09)

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      Allianz fordert Verkaufs-Verbot
      von Wal- und Delphinfleisch (24.11.09)

      Artensterben ungebremst
      Weltnaturschutzunion IUCN hilflos (3.11.09)

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      Artenreiche Meeresregion bedroht (23.10.09)

      Delphin-Jagd in Japan unter Druck
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      Zunahme der Wilderei
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      IUCN-Studie:
      Artensterben weltweit beschleunigt (2.07.09)

      1.500 Wale im Jahr 2008 getötet
      Japan erkauft Zustimmung (21.06.09)

      Palmöl
      Deutsche Industrie beschleunigt Urwaldzerstörung
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      Am Fehmarnbelt droht ein Milliardengrab
      Gefahr für Zugvögel und Schweinswale (5.05.09)

      Hunderte Wale bei Australien gestrandet
      Ist Militär-Sonar die Ursache? (2.03.09)

      Flächenfraß in Deutschland unvermindert
      Täglich werden 113 Hektar versiegelt (18.02.09)

      Steigende Preise für Elfenbein
      Tod für Elefanten (15.02.09)

      Die Ostsee stirbt
      Immer weniger Schweinswale (28.01.09)

      Immer mehr Vögel sterben aus
      Jede achte Vogel-Art bedroht (23.09.08)

      Regenwaldvernichtung ungebremst
      Stärkste Abholzung in Brasilien (30.06.08)

      Delphinsterben durch Quecksilbervergiftung
      Weltmeere werden vergiftet und geplündert (15.06.08)

      Regenwaldvernichtung durch europäische Nachfrage
      angeheizt
      Brasilianische Umweltministerin Marina Silva tritt zurück
      (15.05.08)

      Klimawandel in der Antarktis
      bedroht Königspinguine (26.02.08)

      Plünderung der Ozeane im Endspurt
      Umweltorganisationen warnen vor Meeres-Overkill
      (6.02.08)

      Brasiliens Regenwald-Zerstörung eskaliert
      "Linker" Präsident Lula unterstützt Raubbau (25.01.08)

      Flüchtlingselend und Artenschwund in Nordafrika
      Führt Tierschutz zu mehr Menschenschutz? (22.01.08)

      2007: Negativ-Rekord
      bei bedrohten Arten (28.12.07)

      Schlechte Chancen für Indiens Tiger
      Hilfe von Seiten der Politik? (11.12.07)

      ICCAT-Konferenz segnet Zerstörung der Ozeane ab
      Keine Chance für den Roten Thunfisch (18.11.07)

      Aus dem Fortsetzungsroman "Leere Versprechen":
      "Die Bundesregierung reduziert den Flächenverbrauch"
      (31.10.07)

      Orang-Utans sterben für Agro-Treibstoffe
      Palmöl vernichtet Regenwälder (20.10.07)

      Artenvernichtung beschleunigt
      Gorillas und viele andere Arten immer seltener (12.09.07)

      Kyoto-Protokoll und Regenwaldvernichtung (20.08.07)

      Landkonflikt mit Zellstoff-Konzern Aracruz in Brasilien
      Papiertaschentücher und Regenwaldvernichtung
      (26.07.07)

      Westpazifischen Grauwale
      werden vor Sachalin ausgerottet (19.07.07)

      Mittelmeer-Delphin kurz vor der Ausrottung
      Auch das Mittelmeer wird leergefischt (2.07.07)

      Beschleunigtes Amphibiensterben
      Ein Drittel aller Amphibien vom Aussterben bedroht
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      Das Überleben des afrikanischen Elefanten
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      Delphine als Hai-Köder
      Vor Peru werden Delphine zerhackt ... (2.01.07)

      Papierverbrauch größer - Urwälder kleiner
      Appell an Papier-Industrie und -Handel (9.06.05)

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      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Osterhase bedroht (27.03.05)

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      Rücktritt von Marina Silva? (4.03.05)

      Brasilianischer Regenwald-Schützer Ribeiro ermordet
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      Bundesadler plumbum (14.01.05)

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      Apollofalter
      the scream of the butterfly (19.05.03)

      Zertifizierte Tropenhölzer
      - ein gefährlicher Irrweg (14.04.03)

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