Bundesparteitag der Pseudo-Linken
Wahlprogramm ohne rote Linien
Partei jetzt NATO-kompatibel
Hannover (LiZ). Mit dem am Wochenende beschlossenen Wahl-Programm hat eine als "Die Linke." firmierende Partei endgültig alle Positionen preisgegeben, die einer Regierungsbeteiligung im September entgegenstanden. Eventuellen Koalitions-Verhandlungen mit "S"PD und Pseudo-Grünen stehen nun keine Essentials mehr entgegen. Auch die Position zur NATO wurde ausreichend aufgeweicht, um ein Veto von US-Seite zu vermeiden.
Die von US-Regierungen seit 1949 geheim stets aufrecht erhaltene Bedingung, daß keine gegen die NATO agierende Partei an einer deutschen Bundesregierung beteiligt wird, ist nun auch von der als "Die Linke." firmierenden Partei erfüllt worden. In Kapitel XV des am Wochenende beschlossenen Wahlprogramms heißt es: "Wir wollen die NATO auflösen…" Dies erscheint für politisch Unerfahrene eine weitergehende Position zu sein, als die nach einem Austritt Deutschlands aus der NATO. Für eine künftige "rot-rot-grüne" Bundesregierung wäre es jedoch völlig unverbindlich, in einen Koalitionsvertrag als politisches Ziel die "Auflösung der NATO" hineinzuschreiben. Eine Auflösung der NATO bedarf der Zustimmung aller Regierungen der 29 NATO-Staaten - also auch die der US-Regierung. Diese Forderung ist völlig unrealistisch und daher zahnlos.
Schon seit Jahren bereitet Gregor Gysi diesen Polit-Wechsel in der Linkspartei vor. Im Jahr 2010 deckte Wikileaks auf, daß Gregor Gysi seinen Plan, die Linkspartei NATO-kompatibel zu machen, dem damaligen US-Botschafter in der BRD, Philip Murphy, in einem geheimen Gespräch erläutern durfte (Siehe unseren Artikel v. 20.12.10). Aus dem veröffentlichten Protokoll dieses Geheim-Gesprächs geht hervor, daß die Forderung nach Auflösung der NATO nur die Partei-Basis ruhigstellen soll. Diese vermeintlich weitergehende Forderung werde jene - aus Sicht der US-Regierung gefährliche - Forderung nach einem NATO-Austritt Deutschlands ersetzen. Denn für eine Auflösung der NATO sei ja die Zustimmung der USA, Frankreichs und Großbritanniens nötig - und das sei unrealistisch, wird Gysi zitiert.
Es ist daher völlig unerheblich, daß - in verquaster Form - im neuen Wahlprogramm auch zugleich die Forderung nach einem Austritt der Bundesrepublik aus der NATO enthalten ist. Denn nach Abschluß eines "rot-rot-grünen" Koalitionsvertrags kann die Berliner Führung der Pseudo-Linken ihre AnhängerInnen damit beschwichtigen, daß die weitergehende Forderung, nämlich die Auflösung der NATO", habe durchgesetzt werden können.
Mit allerlei weiterem Geplänkel wurde von diesem entscheidenden Punkt im Wahlprogramm abgelenkt - es ist auch nicht zu erwarten, daß die Mainstream-Medien in ihrer "Berichterstattung" über den Parteitag hiervon etwas erwähnen. Alle weiteren - nach außen hervorgehobenen - Inhalte des Wahlprogramms dienen lediglich dem Show-Effekt: Kräftige Steuererhöhungen für SpitzenverdienerInnen, Abschaffung des Hartz-IV-Systems, Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, Arbeitszeitverkürzung, ein höheres Kindergeld und ein Rentenniveau von 53 Prozent. Denn wie bereits im Januar bei der Vorlage des Entwurfs für das Wahlprogramm abzusehen war, ist keine dieser Forderungen als Essential formuliert. Es findet sich keine einzige rote Linie, die verhindern könnte, daß jene für linke WählerInnen verlockend klingenden Forderungen im Falle "rot-rot-grüner" Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl am 24. September fallengelassen werden (Siehe hierzu unseren Artikel v. 14.01.17). Und Gregor Gysi sagte dies auch ganz offen in seiner Rede auf dem Parteitag: "Ich weiß, daß wir dazu tendieren, 50 rote Haltelinien zu verabschieden, aber ich habe Vertrauen zu unserer Parteiführung und weiß, daß sie diese nicht benötigt. Wer nicht kompromißfähig ist, ist auch nicht demokratiefähig…"
Da sich innerhalb der Reihen der als "Reformer" titulierten Führungskräfte der Linkspartei um Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß sie die Basis mit unverbindlichen programmatischen Forderungen abspeisen können, ohne sich in Regierungs-Koalitionen daran halten zu müssen, ist auch die wundersame Harmonie auf dem Parteitag in Hannover kein Wunder. Und so wurde denn eine Debatte zu Beginn des Parteitags über das - doch etwas seltsame - Abstimmungsverhalten der Landesregierungen von Brandenburg, Berlin und Thüringen im Bundesrat schnell abgewürgt. Immerhin war es einigen Delegierten von der Basis noch aufgefallen, daß jene drei Landesregierungen, in denen die Pseudo-Linke beteiligt ist, dafür stimmten, daß bei der Finanzierung von Autobahnprojekten private Investoren mit an Bord kommen. Zugleich wird in den Programmen der Bundespartei und der Landesparteien die Forderung erhoben, Privatisierungen zu verhindern.
Die Behauptung, die Partei "Die Linke." habe in Hannover hohe Hürden vor einer Beteiligung an eine "rot-rot-grünen" Bundesregierung aufgerichtet, erinnert an jene phantastischen Figur des Scheinriesen Turtur aus dem Kinderbuch 'Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer' von Michael Ende. De facto hat die Partei, die 1989 zunächst als PDS aus der SED hervorging und 2007 mit der westdeutschen WASG zur Partei "Die Linke." verschmolzen wurde, heute den Stand der Pseudo-Grünen von 1990 erreicht. Damals erklärte die Mitbegründerin der Grünen, Petra Kelly, in einem Interview zwei Jahre vor ihrem gewaltsamen Tod: "Noch vor einigen Monaten hieß es bei den Grünen: NATO bedeutet Aufrüstung, und die NATO kann kein Friedensbündnis sein. Jetzt heißt es plötzlich überall, daß die NATO eigentlich gar nicht so schlimm ist, daß wir drinbleiben und sie von innen reformieren sollen. Das ist nicht mehr gewaltfreie grüne Politik!"
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Der Fall Andrej Holm
Zweimal Glück im Unglück (28.01.17)
Linkspartei fordert Reichensteuer
Ein Essential für "Rot-Rot-Grün"? (14.01.17)
Neo-Nazis gegen Susanne Schaper
Büro 22 Mal beschädigt (9.01.17)
Schande für europäische Linke
US-Büttel zum EL-Vorsitzenden gewählt (18.12.16)
Witz der Woche / Karikatur von Samy
...ein Reform-Bündnis! (7.12.16)
Wagenknecht blinkt rechts
Ansbach-Anschlag und Flüchtlinge (26.07.16)
Torte gegen Wagenknecht
Propaganda der Tat - für Rechts (28.05.16)
Wagenknecht auf den Spuren Lafontaines
Flüchtlings-Obergrenze "fast erreicht" (13.01.16)
Wagenknecht provoziert Gebell
Ist Krieg kein Terror? (29.12.15)
Ja zu Bundeswehr-Einsatz im Syrien-Krieg
Sternstunde des Parlamentarismus (4.12.15)
Anschlag auf Kommunalpolitiker
der Linkspartei in Freital (27.07.15)
Schwarze Jahre für Thüringen
Andreas Schubert hofft auf Zeichen (13.11.14)
Witz des Tages / Realsatire
Wolf Biermanns Flammenfinger (7.11.14)
Witz der Woche / Karikatur von Samy
Gauck und die gespielten Bauchschmerzen (5.11.14)
"S"PD für "Rot-Rot-Grün" in Thüringen
Wird Ramelow Ministerpräsident? (20.10.14)
Gysi für Waffen-Export nach Kurdistan
zum Einsatz gegen IS-Terror-Miliz (11.08.14)
Die Linkspartei und die Braunkohle
Dialog mit Greenpeace geplatzt (2.06.14)
Umfrage im Auftrag von Greenpeace:
79 Prozent in Brandenburg gegen Braunkohle (1.06.14)
Die Linkspartei und die Braunkohle
Greenpeace-Disput vorerst ohne Ergebnis (27.05.14)
Greenpeace stellt Linkspartei
Glaubwürdigkeit oder Braunkohle (26.05.14)
Rebecca Harms gescheitert:
Kein Redeverbot für Ex-Kanzler Schröder (14.03.14)
Agrar-Wende
Erneuern sich die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)
Linkspartei für und
gegen Braunkohle-Abbau? (26.01.14)
Rauchzeichen von "Rot-Grün"
NRW bleibt schwarz (13.12.13)
Schwarze Kassen bei der "grünen" EnBW?
Baden-württembergische Staatsanwaltschaft ermittelt
(28.10.13)
Liebesbrief an "Rot-Grün"
Das verschmähte Aufgebot (1.10.13)
Lackmus-Test
Sind "Rot" und "Grün" farbecht? (25.09.13)
Trittin und die "Pädophilie-Affaire"
Ziel: Original-Grün anschwärzen (20.09.13)
Im Sommerschlußverkauf:
Gysi wirft Linkspartei auf den Grabbeltisch (4.08.13)
Atom-Müll bleibt ungesichert in Jülich
"Rot-Grün" mitverantwortlich (1.07.13)
Linkspartei beschließt Wahlprogramm
Parteitag in Dresden (16.06.13)
"Schwarz-Rot-Gelb-Grün" einigt sich
auf Endlager-Such-Gesetz
Ziel bleibt Gorleben (14.06.13)
Piratenpartei positioniert sich
zur Bundestagswahl (13.05.13)
Die Klimaheuchler
Kretschmann gehört zur Spitze (10.04.13)
Daniel Cohn-Bendit als Lobbyist
für Facebook & Co. (27.03.13)
Niedersachsen: "Rot-Grün" bricht
Wahlversprechen zu Gorleben (25.03.13)
Stuttgart bleibt schwarz
Grünlackierter Garant für »Stuttgart 21« (21.10.12)
Atomwaffen-Plutonium in deutschen AKW?
Welche Rolle spielte "Rot-Grün"? (15.09.12)
Neustart bei der Linkspartei?
Kipping und Riexinger als Doppelspitze (4.06.12)
Bis heute keine Entschädigung
von "Euthanasie"-Opfern (2.03.12)
Witz der Woche
Fritz Kuhn - blitzgescheit und kompetent (8.02.12)
Bundeswehr ködert
weiter massiv Jugendliche an Schulen (26.01.12)
Voksabstimmung zu Stuttgart 21
Vorhersehbare Niederlage (28.11.11)
Berlin bleibt schwarz
Kleiner Erfolg für Piratenpartei (18.09.11)
Linkspartei: Lob der Diktatur
Geburtstagsgrüße an Fidel Castro (21.08.11)
Extremist der Mitte
Gast-Kommentar von Ulla Jelpke (28.07.11)
Sonderparteitag der Pseudo-Grünen
Ja zu Merkels "Atom-Ausstieg" (26.06.11)
Merkel stützt Saudi-Diktatur
Waffenausbildung durch Bundespolizei (8.06.11)
Merkels "Atom-Ausstieg"
Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren
Wie Kretschmann 2002 einen
"politischen Selbstmord" überlebte (30.05.11)
Polizei versenkt Piratenpartei
Server beschlagnahmt (20.05.11)
Kurswechsel der Linkspartei
beim Thema Atom-Ausstieg (14.05.11)
Hochmoselbrücke
Ein Fanal für "Stuttgart 21" (9.05.11)
Grünes Recycling?
Greenwashing bei EnBW (19.04.11)
Landtagswahl
Recycling in Baden-Württemberg (27.03.11)
Linkspartei Brandenburg weiter auf Rechtskurs
Wirtschaftsminister Christoffers setzt sich mit CCS durch (7.03.11)
Wikileaks-Enthüllung:
Gysi schleimt bei US-Regierung
Linkspartei wird "politikfähig" (20.12.10)
Stuttgart 21
Schlichtung oder schlicht Volksverdummung? (1.12.10)
Parteitag der Pseudo-Grünen
Gorleben als Verhandlungsmasse (21.11.10)
Linkspartei erwirkt Urteil:
Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein verfassungswidrig (31.08.10)
Nordrhein-Westfalen
Berechenbare Linkspartei (11.07.10)
Linkspartei nominiert Luc Jochimsen
Gaucks Chancen schwinden (8.06.10)
Lafontaine kontert Gabriel:
"...aus Niederlagen nichts gelernt" (28.03.10)
Eigentum und Herrschaft
"Verfassungsschutz" überwacht weiterhin Linkspartei (16.03.10)
Sexueller Mißbrauch an Odenwaldschule
Buch Cohn-Bendits in neuem Licht (7.03.10)
Bundestags-Entscheidung zum Afghanistan-Krieg:
Mehrheit erhöht Militär-Einsatz
Linksfraktion setzt Zeichen (27.02.10)
Offizielle Parteispenden über 20 Millionen Euro
Rund 14 Millionen Euro für "C"-Parteien (16.02.10)
Lafontaine zieht sich
krankheitsbedingt in die zweite Reihe zurück (24.01.10)
Rede in Saarbrücken
Lafontaine markiert politische Eckpunkte (20.01.10)
Linkspartei-Landeschefs für Lafontaine und Bartsch
Richtungskampf um klare Konturen oder Anpassung (6.01.10)
Haß-Kampagne gegen Lafontaine
Deutsche Mainstream-Medien von FAZ über 'spiegel' bis 'taz'
auf Toilettenpapier-Niveau (17.11.09)
Brandenburg: Linkspartei auf Anpassungs-Kurs
Neben Klima-Politik gehen auch soziale Inhalte über Bord (30.10.09)
Brandenburg: Linkspartei fällt um
Platzeck darf weiter klimaschädliche Braunkohle verstromen
(19.10.09)
Ramelow markiert Anpassungs-Kurs an "S"PD
Anerkennung von NATO und Kapitalismus
als Voraussetzungen für "Politikfähigkeit" (6.10.09)
Kampagnen-Journalismus:
'spiegel' verunglimpft Ulla Jelpke (8.09.09)
Dokumentation der Austrittserklärung
von Christel Buchinger aus der Linkspartei (17.03.09)
Europa und die Linkspartei
Warum die Journaille vor Wut schäumt (28.02.09)
"Ausforschungs-Paragraphen"
Bundestags-Abgeordnete Ulla Jelpke fordert Streichung (24.07.08)
Lafontaine in Freiburg
Wahre Worte, wenig Glaubwürdigkeit, schwache Resonanz (1.07.07)
Lafontaine will die Systemfrage stellen
Ist die neue "Linkspartei" antikapitalistisch? (17.06.07)
Thema Mindestlohn im Bundestag
Von einem Versuch, die SPD zu stellen (14.05.07)
Bisky zum vierten Mal "düpiert"
Wenn selbst ein ARD-Kommentar... (8.11.05)
Wie lange noch
bis "Rot-Rot-Grün"? (24.09.05)
Bündnis von PDS und WASG
- eine historische Chance? (1.06.05)
Lafontaines Sprung
aus dem Tanker
Vereinigung von WASG und PDS unter seiner Führung? (24.05.05)
Gründung der ASG in Göttingen
Sternstunde der Staatsgläubigkeit (22.01.05)
Einer Zombie-Partei
zum 14-jährigen Jubiläum (20.09.04)
Warnung vor der Wut
Peter Porsch von der PDS warnt... (1.08.04)
Auferstehung
der deutschen Sozialdemokratie? (5.07.04)
Wählen oder nicht wählen
- eine existentielle Frage? (30.05.04)
Dokumentation der Austrittserklärung
von Winfried Wolf aus der PDS (21.05.04)
In der Linken knirscht's
Mit oder gegen "Rot-Grün"? (19.01.03)