Rundum-Bespitzelung durch 'Karma Police'
...einer surft immer mit
London (LiZ). Dokumente aus dem Fundus des Whistleblowers Edward Snowden belegen, daß der britische Geheimdienst GCHQ permanent das Surf-Verhalten von Internet-NutzerInnen bespitzelt. Ein hierbei genutztes Überwachungs-Programm läuft unter dem Code-Namen 'Karma Police'.
Der britische GCHQ ist Teil des Geheimdienst-Verbundes "Five Eyes" der Staaten USA, Großbritannien, Neuseeland, Kanada und Australien (Siehe unseren Artikel v. 30.12.2013). Als enger Partner des US-amerikanischen NSA agiert der GCHQ offenbar vor allem als Daten-Absauger im Internet (Siehe hierzu auch unsere Artikel v. 27.02.2014 und v. 28.08.13).
Bereits in den Jahren 2007 und 2008 wurde das Programm 'Karma Police' zur anlaßlosen Überwachung sämtlicher Internet-NutzerInnen entwickelt. Gespeichert wird dabei, welche Internet-Seiten von den NutzerInnen besucht werden. Analysiert wird die Kommunikation der üblichen - unverschlüsselten - Messenger-Kommunikation, der eMail-Verkehr, die SMS-Kommunikation und die Aktivitäten im "Web 2.0" - also insbesondere in den sogenannten sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Google Plus. Hinzu kommt die Bespitzelung auf Karten- und Routen-Diensten wie Google Maps und die Speicherung von Bewegungs-Profilen mit Hilfe der Lokalisierung von Mobil-Telefonen.
Ermöglicht wird dies durch eine bekannte, aber stillschweigend tolerierte Gesetzeslücke, die es dem GCHQ erlaubt, seinen riesigen Daten-Speicher "Black Hole" ohne Kontrolle durch Gerichte umfassend zu nutzen. Außerdem können die Geheimdienste die Gesetze des jeweils eigenen Staates umgehen, indem sie - innerhalb der "Five-Eyes"-Allianz - Aufträge zur Bespitzelung von BürgerInnen eigener Nationalität wechselseitig tauschen. Wie nun zutage kommt, speicherte der GCHQ im Jahr 2012 bereits 50 Milliarden Daten und plante eine Verdoppelung seiner Kapazitäten für das Jahr 2013.
Ein Schwerpunkt der Bespitzelung bildete offenbar im Jahr 2009 die Überwachung aller NutzerInnen, die Radio über Livestream oder Netcast (bekannter unter dem Apple-Wort "Podcast") per Internet hören. Von 200.000 Menschen in 185 Länder wurden rund sieben Millionen Einträge gespeichert und ausgewertet. Bei den Sendern selbst suchte man nach Koran-Zitaten oder Ansprachen bestimmter Imame und versuchte, ihre HörerInnen anschließend zu identifizieren.
Mit Hilfe der gesammelten Daten können Persönlichkeits-Profile einzelner NutzerInnen erstellt werden: Wie oft wurden welche Porno-Seiten mit welchen Vorlieben angesteuert? Welchen Personen mit wiederum welchen Interessen wurden auf Facebook u.s.w. kontaktiert? Welche Art von Filmen sah sich die/der NutzerIn auf Youtube an? Welche Produkte bestellte die Person über Amazon? Das Absammeln von Cookies wurde durch das Bespitzelungs-Programm 'Mutant Broth' automatisiert.
Daß die gesammelten Informationen dabei keineswegs dem "Kampf gegen den Terror" dienen, zeigt die Beispiele Gemalto und Belgacom. Mit Hilfe von Persönlichkeits-Profilen konnte der GCHQ MitarbeiterInnen des SIM-Kartenherstellers Gemalto und des Providers Belgacom identifizieren. Ihre Gewohnheiten im Internet wurden analysiert, um auf deren Rechner alsdann Malware einzuschleusen. So konnte sich der GCHQ in die Firmennetzwerke von Gemalto und Belgacom vorarbeiten und diese hacken.
Auch für Auswertung nahezu in Echtzeit hat der GCHQ Werkzeuge entwickelt. Das Tool 'Samuel Pepys' kann Metadaten einer IP-Adresse direkt auswerten und den Geheimdiensten damit ermöglichen, einer Person beim Surfen im Internet quasi "über die Schulter" zu blicken. Aus den Geheimdienst-Dokumenten geht hervor, daß etwa BesucherInnen der Leaking-Plattform Cryptome besonders gründlich überwacht wurden. Wie aus den Geheim-Dokumenten hervorgeht, setzt der GCHQ zur weiteren Analyse der Metadaten neben 'Samuel Pepys' Tools ein, die auf spezielle Zwecke zugeschnittener sind: Programme mit Code-Namen wie Social Anthropoid, Memory Hole, Marbled Gecko oder Infinite Monkeys.
Angeblich speichert der GCHQ Metadaten lediglich für einen Zeitraum von 30 Tagen bis sechs Monaten. Dies läßt Rückschlüsse auf das zur Verfügung stehende Speicher-Volumen von "Black Hole" zu. Aus den Geheim-Dokumenten geht hervor, daß es sich - Stand 2009 - um mehr als elf Billionen "Events" handelte. Die gesamte Masse der Inhalte mußte damals anscheinend alle drei bis 30 Tage umgewälzt werden. Jeden Tag wurden mehr als zehn Milliarden neu gespeichert. Im Jahr 2012 waren es bereits 50 Milliarden "Events" täglich. Seltsam ist hierbei allerdings, daß als Metadaten etwa auch Ortsangaben und Passwörter für den Zugang zu "Informationsdiensten" gewertet werden.
Eine deutliche Hierarchie innerhalb der "Five-Eyes"-Allianz tritt bei den Zugriffs-Rechten auf die Geheimdienst-Datenbanken zu tage: Während etwa der GCHQ den anderen Geheimdiensten Zugriff auf "Black Hole" und damit das Surf-Verhalten von BürgerInnen aller Nationen gewährt, schirmt die NSA ihre Daten-Speicher vor den "Partner"-Geheimdiensten ab.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
In Apple ist der Wurm drin
App-Store verteilte massenweise Malware (21.09.15)
Stop der VDS durch die
EU-Kommission? (14.09.15)
Jeep hacken kinderleicht
Türöffnen, Bremsen, Beschleunigen... (22.07.15)
Firma für Bespitzelungs-Software
wurde gehacked (6.07.15)
Wikileaks: NSA bespitzelt auch
die deutsche Regierung (1.07.15)
Wikileaks enthüllt:
Französische Präsidenten abgehört (24.06.15)
"S"PD stimmt für Vorratsdatenspeicherung
Gabriel und Maas setzen sich durch (20.06.15)
Maas hat VDS-Gesetz vermasselt
Mängelrügen von vielen Seiten (10.06.15)
Angriff auf Kaspersky-Lab
Anti-Viren-Firma berichtet über Infektion (10.06.15)
Neues Geheimdienst-Gesetz in Frankreich
Auf dem Weg in den Überwachungsstaat (3.05.15)
NSA/BND: Europäischer Spionage-Skandal
Merkel wußte Bescheid (1.05.15)
BND betrieb Wirtschaftsspionage
als Zulieferer der NSA (23.04.15)
Bespitzelung bis ins Kinderzimmer
BigBrotherAward für die "Daten-Kraken" (17.04.15)
Sammelt die NSA Penis-Fotos?
Ein Interview mit Edward Snowden (7.04.15)
facebook und der Daten-Transfer in die USA
Streiten Maas und de Maizière? (24.03.15)
Justizminister Maas fällt um
VDS und totalitärer Staat (22.03.15)
Vorratsdatenspeicherung
Widerstand gegen Gabriels Pläne (17.03.15)
Lichtblick für Julian Assange
Schwedische Justiz jetzt nachgiebig (13.03.15)
Kaspersky warnt vor Festplatten-Virus
Angriff vermutlich aus den USA (17.02.15)
GCHQ droht Deutschland
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Wikileaks klagt Google an:
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an Guardian und Washington Post (14.04.14)
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GCHQ schnüffelt in Millionen privater Webcams (27.02.14)
Snowden-Fundus:
NSA bespitzelt Wikileaks
Julian Assange auf Todesliste (18.02.14)
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NSA bespitzelte US-Anwaltskanzlei (16.02.14)
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Trojaner in japanischem AKW
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(29.12.13)
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Kampf gegen Geheimdienste (28.12.13)
NSA ortet täglich den Standort
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Zwei Millionen Paßwörter kopiert
Facebook, Google & Co betroffen (5.12.13)
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