Luxemburg (LiZ). Deutsche Regierungen - gleich ob "rot-grün", "schwarz-gelb" oder "schwarz-rot" - haben zu wenig gegen die Ursachen der Nitratbelastung im Grundwasser getan. Nach etlichen Vorwarnungen blieb nun dem Europäische Gerichtshof nichts anderes übrig, als Deutschland zu verurteilen. Verurteilt wurde damit allerdings vor allem die industrielle Landwirtschaft.
Weitaus das meiste Nitrat im deutschen Grundwasser stammt aus den Düngern der industriellen Landwirtschaft. Auch Gülle aus der Biolandwirtschaft kann zu einem Eintrag von Nitrat ins Grundwasser führen. Der entscheidende Unterschied bei der Nitrat-Problematik besteht allerdings darin, daß die Bio-Landwirtschaft mit ihrer Selbstverpflichtung, beim Tierbestand feste Obergrenzen einzuhalten, dafür sorgt, daß in ihrem Verantwortungsbereich nicht mehr Gülle auf die Felder ausgebracht wird, als ökologisch verträglich ist. Seit vielen Jahren ist offensichtlich, daß Umweltzerstörung und immer schneller fortschreitender Artenschwund nicht im Rahmen der industriellen Landwirtschaft durch zusätzliche Auflagen gestoppt werden kann und daß nur eine beschleunigte Umstellung auf Bio-Landwirtschaft retten kann, was noch zu retten ist.
Nachweislich verursacht die industrielle Landwirtschaft durch Überdüngung jährliche Kosten von rund 25 Milliarden Euro für die Sicherung sauberen Trinkwassers. Auf der anderen Seite werden über der deutschen Landwirtschaft Subventionen in Höhe von jährlich 300 Euro pro Hektar Fläche ausgeschüttet. Diese insgesamt 5,2 Milliarden Euro pro Jahr an Subventionen für die deutschen Landwirtschaft fließen zu über 90 Prozent in die Taschen der industriellen Landwirtschaft.
Zu den 25 Milliarden Euro beim Trinkwasser kommen nochmals etliche Milliarden Euro durch die Schäden in den Wäldern und an historischen Bauwerken sowie die Folgekosten der klimatischen Veränderungen hinzu. Die industrielle Landwirtschaft trägt in Deutschland einen Anteil von rund zehn Prozent zu den Klimagas-Emissionen bei. Diese externen Kosten der industriellen Landwirtschaft tragen derzeit nicht die VerursacherInnen, sondern die VerbraucherInnen. Würden diese Kosten und die Subventionen, die aus Steuergeldern beglichen werden, auf die industriell erzeugten Lebensmittel aufgeschlagen, wären diese erheblich teurer als Bio-Lebensmittel. Viele fragen jammernd, warum Bio-Lebensmittel "so teuer" seien und erkennen nicht, daß dies politisch so gewollt ist. Obwohl der Fleisch-Konsum in Deutschland zurückgeht, steuert die Parteien-Politik weiter in die genau entgegengesetzte Richtung. - vorneweg das für die Konzentration von Massentierhaltung berüchtigte Niedersachsen - auch unter der von 2013 bis 2017 amtierenden "rot-grünen" Landesregierung. Seit Januar 2018 hat Niedersachsen eine "rot-schwarze" Landesregierung.
Ammoniak-Emissionen und die Überdüngung der Felder mit Gülle sind die Folge einer zerstörerischen Politik im Dienste der Agro-Industrie. Durch Wind und Regen wird der Chemikalien-Cocktail in den Boden, in die Gewässer und in die Wälder verfrachtet. Das Wurzelgeflecht der Bäume und die dort lebenden Mikroorganismen, die für das Überleben der Bäume unabdingbar sind, werden mehr und mehr geschädigt. Der elende Zustand der deutschen Wälder, der sich seit den 1980er-Jahren keineswegs gebessert hat, ist eine der Folgen.
Die EU hatte Deutschland Im November 2016 wegen der steigenden Nitrat-Belastung des Grundwassers und jahrelangem Nichtstun der Bundesregierungen vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt (Siehe unseren Artikel v. 7.11.16). Bereits im April 2016 war klar, daß diese Klage vor dem Europäischen Gerichtshof bei weiterem Nichtstun der deutschen Bundesregierung unausweichlich wird (Siehe unseren Artikel v. 28.04.16). Im Februar 2017 wiesen mehrere deutsche Umweltverbände darauf hin, daß die unter Barbara Hendricks als sogenannte Umwelt-Ministerin und Christian Schmidt als Minister der Agro-Konzerne zu verantwortende Novelle des Dünge-Gesetzes und der Dünge-Verordnung völlig unzureichend ist.
Die RichterInnen des Europäischen Gerichtshofs stellten nun fest, daß die deutschen Gesetze noch nicht einmal die Einhaltung der laxen EU-Richtlinien von 1991 gewährleisten können. Auch nachdem dies klar war, habe die deutsche Bundesregierung keine wirksamen Maßnahmen ergriffen und damit gegen EU-Recht verstoßen. Schon 2014 hatte die EU-Kommission Deutschland abgemahnt (Sie unseren Artikel v. 24.10.14). Selbst die Bundesregierung räumte in ihrem Nitratbericht 2016 ein, daß an mehr als einem Viertel der deutschen Grundwasser-Meßstellen der EU-Grenzwert von 50 Milligramm je Liter nicht eingehalten wird. Die schlechte Wasser-Qualität hat sich im Zeitraum von 2008 bis 2011 nicht verbessert. Die Nitrat-Konzentration nahm an 40 Prozent der Meßstellen in Deutschland sogar zu.
Festzuhalten bleibt, daß Deutschland den Prozeß vor den Europäischen Gerichtshof in allen sechs Teilpunkten - also in vollem Umfang - verloren hat. Dies bezieht sich allerdings auf den Stichtag des Vertragsverletzungsverfahrens im September 2014. Auf die aktuelle Situation gingen die RichterInnen nicht ein. (Aktenzeichen C-543/16). Laut Umweltbundesamt bestehen heute an 28 Prozent der Meßstellen zu hohe Nitratwerte.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Teil-Erfolg beim Bienenschutz
EU-Verbot von 3 Neonicotinoiden (27.04.18)
Unser täglich Gift.
Pestizide - Die unterschätzte Gefahr (17.03.18)
DBV-Präsident Rukwied ist
"Dinosaurier des Jahres 2017" (28.12.17)
Artenvielfalt und Profit in der Landwirtschaft
Eine agrarökologische Untersuchung (22.08.17)
Nitrat: "Schwarz-Rot" versucht der
Klage der EU zu entgehen (17.02.17)
Hormongifte in Lebensmitteln
Gefährliche Rückstände aus Pestizid-Einsatz (16.12.16)
Nitrat: EU verklagt BRD
Zu viel Gülle im Grundwasser (7.11.16)
Gen-Pollen und Glyphosat häufig im Honig
"Ungenügend" für Honig von Aldi (1.11.16)
Bio-Landwirtschaft wächst
sogar in Deutschland ein wenig (14.10.16)
Boom bei Bio-Lebensmitteln in den USA
mit Schattenseite (17.06.16)
Falschspiel bei Glyphosat-Zulassung
Berlin schiebt Verantwortung auf EU (29.06.16)
Glyphosat in konventionellem Wein
und Traubensaft (12.05.16)
Nitrat im Grundwasser
EU verklagt Deutschland (29.04.16)
Kein Bio-SojaDrink mehr in Pfandflaschen
Nur noch im umweltschädlichen Tetra-Pack (27.04.16)
Feminismus und Agrar-Wende
passen gut zusammen (8.03.16)
Glyphosat in vielen Lebensmitteln
Bundesregierung verharmlost Pestizid (27.02.16)
Pestizid in deutschen Bieren
Rein trotz Glyphosat? (25.02.16)
Global 2000: Naturkosmetik-Check
Frei von hormonell wirksamen Stoffen (21.02.16)
20.000 in Berlin
gegen industrielle Landwirtschaft (16.01.16)
Ausrottung der Vögel in Deutschland
macht Fortschritte (30.10.15)
Bienensterben, Pestizide und Gen-Mais
US-Regierung unterdrückt Forschung (29.10.15)
Pestizid-Fraß im US-Kongress
Cafeteria serviert Neonicotinoide (8.08.15)
Wachsender Widerstand in Ghana
gegen "Monsanto-Gesetz" (1.06.15)
March against Monsanto
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EU-Kommission pusht Gen-Technik
19 genmanipulierte Pflanzen zugelassen (24.04.15)
Pestizide für Bienensterben ursächlich
Industrielle Landwirtschaft zerstört Lebensgrundlagen
(5.03.15)
Vorreiter der Umweltzerstörung
Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)
Wald-AIDS 2014
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rottet Hamster aus (10.02.15)
"Wir haben es satt!"
45.000 für eine Agrar-Wende (17.01.15)
Zweiter Planet im Kofferraum?
Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)
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Fischsterben in der Elbe (24.07.14)
Warnung vor Gentech-Landwirtschaft
wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)
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als bislang angenommen (16.06.14)
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Klimakatastrophe voran (17.04.14)
Bienensterben international
Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen
(7.04.14)
Wald-AIDS 2014
Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)
Agrar-Wende - Erneuern sich
die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)
Das Aussterben der Bienen kann
plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)
Honig darf verunreinigt werden
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(25.10.13)
Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser
verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)
Flächenfraß
Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche
(13.10.13)
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BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)
Jugend mag Bio
23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)
VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser
darf Pestizide enthalten (2.08.13)
Chemie in Obst und Gemüse
Nur Bio-Lebensmittel unbelastet (17.06.13)
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hinkt der Nachfrage hinterher (6.05.13)
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Dem deutschen Wald geht es schlechter
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25.000 erklären: "Wir haben es satt" (19.01.13)
Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
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Bio-Lebensmittel
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Flächenfraß weiter lebensgefährlich
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Osterhase gefährdet? (4.04.12)
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Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)
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Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
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(29.07.11)
Neu im Supermarkt:
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Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)
Uran im Trinkwasser
foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)
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Für eine Agrar-Wende (23.11.10)
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Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)
Erfolg der Bio-Landwirtschaft
mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)
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stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)
Bio-Landwirtschaft
Option für Klimaschutz
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Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch
in den USA
US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr
(18.11.09)
Bundesregierung unterliegt:
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Die Ostsee stirbt
Immer weniger Schweinswale (28.01.09)
Wald-AIDS auch in den USA
Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)
Steigende Pestizidbelastung
bei konventionellem Obst und Gemüse
Politik fördert weiterhin einseitig
agro-industrielle Landwirtschaft (24.07.08)
Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)
Umweltverbrechen Mais-Anbau
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(18.05.08)
Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
Zusammenhang mit Bienensterben
nun doch nachgewiesen (17.05.08)
Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)
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Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)
Die Ostsee stirbt
Gabriel desinteressiert (15.11.07)
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80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)
Eisbär leidet unter Pestiziden (13.09.04)
Paprika mit Pestiziden
Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast
(2.07.04)
Agrar-Wende
Nichts als heiße Luft (24.01.04)
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Obst- und Gemüse
aus dem Bio-Laden (21.09.03)
Bienensterben
und noch ein Insektizid (14.08.03)
Apollofalter
the scream of the butterfly (19.05.03)