Berlin (LiZ). Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) feiert heute die 500. Kommune in Deutschland, die ganz oder teilweise auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet. Gestartet ist das BUND-Projekt im Dezember 2017 mit nur 90 Kommunen. Den positiven Trend wertet der BUND als Erfolg an der Basis und zugleich als Handlungsauftrag für die Bundesregierung.
"Mit dem Verzicht auf Herbizide und andere chemisch-synthetischen Gifte leisten die pestizidfreien Städte und Gemeinden einen großen Beitrag für den Schutz von Mensch und Umwelt," sagt Corinna Hölzel, BUND-Pestizid-Expertin und Leiterin des Projekts 'Pestizidfreie Kommune'. Damit haben vielen Kommunen das umgesetzt, was immer mehr Menschen fordern: Insekten- und Artenschutz jetzt.
Im Rahmen des BUND-Projektes registriert Hölzel seit Monaten, daß sich bundesweit bei Kommunalverwaltung und bei der Kommunalpolitik die Sorge über die Zukunft von Tier- und Pflanzenarten breitmacht und ein Umdenken einsetzt. "Gifte haben in unseren Kommunen nichts zu suchen, erfüllen unsere Städte und Gemeinden doch viele wichtige Funktionen: Sie sind Lebensraum und Spielplatz, Orte der Erholung und Umweltbildung, Rückzugsgebiete für bedrohte Insekten wie Wildbienen und Produktionsstätten für viele Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Honig," so Hölzel weiter.
Daß es vollkommen ohne Pestizide geht, beweist seit vier Jahrzehnten die Bio-Landwirtschaft. Doch trotz des in den vergangenen Jahren massiv zunehmenden Insektensterbens in Deutschland, üben die großen Chemie- und Agro-Konzerne wie Bayer nach wie vor einen starken Einfluß auf die Parteien-Politik aus. Bayer hatte im Juni 2018 den US-Konzern Monsanto und mit Glyphosat eines der gefährlichsten Pestizide übernommen. Und Glyphosat ist bis heute in Deutschland nicht verboten.
Wie wichtig ein Umdenken bei dem oftmals sorglosen Einsatz von Herbiziden ist, untermauert das im Mai 2019 vom Weltbiodiversitätsrat vorgestellte Gutachten, wonach das Artensterben dramatischer denn je ist. "Insekten bilden die Grundlage für unser Ökosystem und sind unverzichtbar für die Lebensmittelproduktion. Deshalb gilt: Beim Insektenschutz müssen alle an einem Strang ziehen," fordert Corinna Hölzel. So wichtig und wegweisend der Einsatz in den Gemeinden vor Ort sei, dürfe die Verantwortung nicht den Kommunen allein überlassen werden. "Hauptakteur ist die Bundesregierung, sie muß nun schnell und umgehend Maßnahmen zum Schutz der Insekten ergreifen," hofft die BUND-Expertin. Noch vor der Sommerpause müsse ein "Aktionsplan Insektenschutz" verabschiedet werden, der unsere Insektenvielfalt wirkungsvoll schützt. Der BUND fordert Bundeskanzlerin Merkel auf, tätig zu werden und die Blockade des Agrarministeriums zu durchbrechen. Die vergangenen dreizehn Jahre Amtszeit der Bundeskanzlerin haben jedoch gezeigt, daß sie nicht nur in Hinblick aufs Klima und Treibhausgase eine Politik im Interesse der großen Konzerne verfolgt.
Dennoch erkennt der BUND an der Basis einen starken positiven Trend. Und oftmals wird die Entscheidung einer Kommune, pestizidfrei zu werden, durch insektenfreundliche Projekte begleitet. "Gemeinden, die beispielsweise auf den Einsatz von Glyphosat auf Wegen und Spielplätzen verzichten, wandeln Rasenflächen mit heimischem Saatgut in mehrjährige Blühwiesen um," freut sich Corinna Hölzel. "Aber auch auf den landwirtschaftlichen Flächen, die in kommunalem Eigentum sind, besteht Handlungsbedarf. Immer häufiger nehmen die Kommunen deshalb Klauseln in die Pachtverträge auf, die den Einsatz von Pestiziden verbieten oder reduzieren. Großes Potential für Insekten besteht auch auf den öffentlichen Flächen entlang von Feldwegen und Straßen," erläutert die BUND-Expertin.
"In der Landwirtschaft, in den Kommunen und in Hobbygärten gibt es umweltfreundlichen Ersatz sowohl für Herbizide, wie Glyphosat, als auch für Insektizide wie Neonikotinoide oder Fungizide," so Hölzel. "Thermische oder mechanische Verfahren, stärkende Pflanzenjauchen, resistente standortheimische Pflanzen, mechanische Entfernung von Schadinsekten oder auch das seit jeher praktizierte Jäten sorgen für Erfolg. Blütenpracht, Verkehrssicherheit und reiche Ernten – ohne dabei nützliche Insekten wie Bienen, Wildbienen und Schmetterlinge zu gefährden – sind möglich. Blütenreich und ohne Gift – das sollte das Motto aller Städte und Gemeinden sein", sagt die Pestizidexpertin abschließend und verbindet damit die Hoffnung des Umweltverbandes, weitere Gemeinden für das Projekt gewinnen zu können.
Anmerkungen
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