Manipulation bei Präsidentschaftswahl?
Wahl-Computer machen's möglich
Washington (LiZ). In diesem Fall hat Donald Trump recht: Die US-amerikanische Präsidentschaftswahl kann manipuliert werden. Doch es ist nicht bekannt, daß sich Trump jemals gegen den Einsatz von Wahl-Computern ausgesprochen hätte.
Bei der heutigen US-Präsidentschaftswahl werden in nahezu allen Wahl-Bezirken Wahl-Computer eingesetzt. Dabei ist seit langem bekannt, daß diese leicht zu manipulieren sind und gehackt werden können. Nicht ohne Grund entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht im Jahr 2009, daß ein Einsatz von Wahl-Computern unzulässig ist (Siehe unseren Artikel v. 3.03.09).
In der Hauptsache stützte sich dieses Urteil auf die Tatsache, daß beim Einsatz von Wahl-Computern die grundgesetzlich geforderte Transparenz der Auszählung der Wahl-Stimmen nicht mehr gewährleistet ist. Es ist unmöglich, einen auf elektronischer Basis ablaufenden Zählvorgang zeitgleich von außen zu kontrollieren. Und eine nachträgliche Überprüfung steht vor dem unlösbaren Dilemma, daß Manipulationen und ein Abändern der eingegebenen Stimmen während des Abspeicherns nachträglich nicht nachgewiesen werden können, da nach dem Überspeichern eines Speicherplatzes dessen vorangegangener Zustand nicht mehr rekonstruiert werden kann und ein für alle Mal verloren ist. Fazit: WählerInnen können nicht kontrollieren, ob ihre Stimme unverändert gespeichert wird. Es ist technisch kein Problem, daß eine manipulierte Software der vor dem Wahl-Computer stehenden Person zwar ihre Auswahl am Bildschirm richtig anzeigt, dann aber eine andere Wahl abspeichert.
Daß die Gefahr eines Wahlbetrugs kein historisch weit entferntes Problem aus der Stasi- oder Nazi-Zeit ist, hat die CSU Dachau bei den bayerischen Kommunalwahlen im März 2002 eindrucksvoll bewiesen. Der ehemalige 67-jährige CSU-Stadtrat Wolfgang Aechtner hatte damals 466 Stimmzettel zu Gunsten der CSU manipuliert. Er wurde im Januar 2003 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldbuße von 125.000 Euro verurteilt.
Schon vor Jahren warnte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn: "Mit manipulierten Wahl-Computern kann eine entschlossene Gruppe die Macht ergreifen, ohne nach außen hin die Spielregeln der Demokratie zu verletzen." Beim Einsatz von Wahl-Computern werden wesentliche Schritte des Wahlablaufs in das Innere eines Gerätes verlegt und damit der öffentlichen Kontrolle entzogen. Wähler, Öffentlichkeit und selbst Wahlvorstände können nicht mehr nachvollziehen, was im Inneren des Gerätes mit den Stimmen geschieht und wie die Ergebnis-Ermittlung im Einzelnen vor sich geht. Die Integrität der Wahl hängt damit vom ordentlichen Funktionieren der Wahl-Computer und deren Manipulations-Sicherheit ab und kann allenfalls noch von den wenigen Personen beurteilt werden, die mit der Prüfung von Wahlgeräten befaßt sind.
Trotz der mangelnden Einsehbarkeit der Stimmenauszählung beim Einsatz von Wahl-Computern - etwa bei den Landtagswahlen in Hessen im Januar 2008 - hieß es in der Wahlniederschrift, die vom Wahlvorstand und den BeisitzerInnen unterschrieben werden muß: "Die Wahlhandlung sowie die Ermittlung und die Feststellung des Wahlergebnisses waren öffentlich" (Absatz 5.6, S. 32). Hier wurden WahlhelferInnen offensichtlich zur Falschbeurkundung genötigt.
Bei Stimmzettelwahlen in demokratischen Staaten ist der gesamte Wahlablauf, vom Aufstellen der Urne bis zur Ergebnisfeststellung, grundsätzlich öffentlich und damit auch verifizierbar. Diese Möglichkeit der Kontrolle durch Jedermann wird aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 GG) abgeleitet und ist rechtlich unumstritten - allerdings mit Ausnahme der Wahlbehörden der USA. Constanze Kurz, Expertin vom CCC, erinnert daran: "Für fast alle in den USA im Einsatz befindlichen Wahl-Computer sind bereits Sicherheitslücken bekannt, die meistens Software, manchmal aber auch Hardware oder beides betreffen."
"The election is rigged" (Die Wahl wurde manipuliert) ist ein vorweggenommener Vorwurf, der aus dem Trump-Lager schon in den vergangenen Wochen ertönte. Dies sollte suggerieren, daß eine Wahlfälschung lediglich von Seiten der Clinton-AnhängerInnen zu erwarten sei. Das Trump-Lager hat jedoch viel engere Verbindungen zu den Herstellern von Wahl-Computern. So wurde etwa schon 2012 bekannt, daß der "republikanische" Präsidentschafts-Kandidat Mitt Romney nicht nur wirtschaftlich mit einem der größten Wahl-Computer-Hersteller, Hart InterCivic, verbandelt ist, sondern zudem zwei der Geschäftsführer der Firma sowie Vorstände ihres Miteigentümers zu Romney Wahlkampfspendern zählten.
Hinzu kommt, daß die Zwischen-Ergebnisse aus den Wahllokalen in den USA unverschlüsselt in die Auszählungs-Zentralen der Bundesstaaten übermittelt werden - ein weiteres Einbruchs-Tor für Manipulationen. Auch die kürzlich verkündete Neuerung, daß Wahl-Computer vom US-Heimatschutz-Ministerium zur "kritischen Infrastruktur" erklärt wurden und damit einem erhöhten Schutz unterliegen sollten, trägt real nicht zur Sicherheit bei. Denn die Mehrzahl der US-Bundesstaaten weigert sich, die Wahl-Computer von ExpertInnen aus Washington überprüfen zu lassen. Daß gegen ExpertInnen von der Ostküste Ressentiments bestehen, offenbarte etwa die Äußerung eines Regierungs-Mitarbeiters in Illinois: "Die Jungs von der Ostküste manipulieren doch nur an unseren Geräten herum!" Ein weiterer schlechter Witz: Die Wahl-Computer im US-Bundesstaat Georgia laufen noch unter dem Betriebssystem Windows 2000.
Informationssicherheits-ExpertInnen des US-amerikanischen Unternehmens Cylance haben eine Methode zur Manipulation der Wahl-Computer vom Typ Sequoia AVC Edge Mk1 entdeckt. Mit physischem Zugriff auf die Maschine können Hacker die Daten des Gerätespeichers sowohl im öffentlichen Zähler (Public Counter) als auch in der zusätzlichen Schutzschicht (Protective Counter) direkt modifizieren – und damit die Anzahl der jeweils abgegebenen Stimmen verändern. Hierzu muß die PC-Karte der Wahl-Computer durch eine mit manipulierten Daten ausgetauscht werden. Eine solche PCMCIA-Karte ist für rund 30 US-Dollar erhältlich. Whistleblower Edward Snowden bezog sich hierauf und schrieb in einem Post: "Researchers just demonstrated how to hack the official vote count with a $30 card." (ForscherInnen haben eben erst gezeigt, wie ein Wahl-Computer mit einer 30-Dollar-Karte gehackt werden kann.)
"Dienstleistungen" zum massenhaften Manipulieren von Wahl-Computern werden im Internet angeboten - und diese Angebote sind ernst zu nehmen. Am Mittwoch vergangener Woche lag der Preis fürs Hacking von Wahl-Computern der Firmen Sequoia und Election System bei 3.900 US-Dollar pro gehacktem Wahl-Computer.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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