21.01.2023 "Wir haben es satt!"-Demo in Berlin 10.000 TeilnehmerInnen für Agrar-Wende Berlin (LiZ). 10.000 Menschen nahmen an der jährlichen "Wir haben es satt!"-Demo teil - darunter auffallend viele junge. Wie üblich wurde die Demo auch von einer Vielzahl von Treckern begleitet, womit deutlich gemacht wird, daß auch ein erheblicher Teil der deutschen BäuerInnen sich für eine Agrar-Wende einsetzt. Zur Demo aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus BUND, Greenpeace, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), 'Brot für die Welt', attac, AWO, Anbau-Verbänden wie Bioland und Demeter sowie mehreren Tierschutzorganisationen. Trotz eisiger Temperaturen gingen heute (21. Januar) wieder Tausende auf die Straße, um für eine sozial gerechte Agrar-Wende - weg von der industriellen Landwirtschaft und hin zur Öko-Landwirtschaft, für gutes Essen für Alle und für artgerechte Tierhaltung zu demonstrieren. Dies ist offenbar bitter notwendig, denn der jetzige Bundes-Agrar-Minister Cem Özdemir setzt die industriefreundliche Politik seiner "schwarzen" Vorgängerin Julia Klöckner nahtlos fort. Bündnissprecherin Imka Lange zeigte sich von Özdemir enttäuscht, den sie als "mutlos" bezeichnete. Imka Lange setzt aber offenbar immer noch darauf, daß ein Politiker wie Özdemir durch Argumente zur Umkehr veranlaßt werden könnte. Georg Janßen von der AbL war positiv überrascht, "daß so viele junge Menschen gekommen sind". Weiter heißt es in der Kritik an der Ampel-Regierung, diese blockiere die Agrar-Wende und trotz des enormen Reichtums könnten sich in Deutschland viele Menschen keine gesunden, umweltgerecht erzeugten Lebensmittel leisten. Nach wie vor werden die externalisierten Kosten wie beispielsweise die Kosten für die Aufbereitung des Trinkwassers und die Kosten für Klimaschäden der Allgemeinheit aufgebürdet, so daß konventionell erzeugte Lebensmittel billiger verkauft werden können als Bio-Lebensmittel. Auf dem Umweg über die Steuern muß für konventionell erzeugte Lebensmittel in der Gesamtbilanz aber mehr bezahlt werden als für Bio-Lebensmittel. Auch dies ist eine verdeckte Subventionierung der Chemie- und Agro-Konzerne. Das Bündnis "Wir haben es satt!" fordert: einen Stop des Höfesterbens und faire ErzeugerInnen-Preise Krisengewinne besteuern und Armutsbetroffene unterstützen Klimakrise und Artensterben bekämpfen bäuerliche Tierhaltung erhalten und artgerecht machen Hunger beenden und Agro-Gentechnik stoppen Die Forderung nach einer Vermögensabgabe für Superreiche deckt sich mit Aussagen der dem Bündnis angehörenden Entwicklungs-Organisation Oxfam. Nach deren aktuellen Bericht mit dem Titel "Survival of the Richest" hat seit Beginn der Corona-Pandemie das reichste Prozent der Weltbevölkerung rund zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses in die eigenen Taschen umgeleitet, während 99 Prozent sich den Rest teilen müssen. In Deutschland hat das reichste Prozent der Bevölkerung laut Oxfam sogar 81 Prozent des Vermögenszuwachses, der zwischen 2020 und 2021 erwirtschaftet wurde, kassiert. Besonders viel Beifall unter den RednerInnen erhielt der 20-jährige Tobias Schied, der auf einem Bauernhof auf der Schwäbischen Alb aufwuchs. Die Klimakrise sei mittlerweile am Ackerboden in seiner Heimat abzulesen: "Ich kann meinen Arm bis zum Ellbogen in den Acker stecken und finde nichts, weil der Boden so trocken ist!" Deshalb sei er zgleich bei 'Fridays for Future' engagiert. "Es muß sich endlich etwas ändern! Die Klimakrise gefährdet die Nahrungsmittelsicherheit und die Landwirtschaftspolitik kommt nicht voran!", rief er zornig. Auf den selbstgestalteten Schildern der TeilnehmerInnen der Demo am Brandenburger Tor waren Forderungen zu lesen, wie etwa "Stoppt den Pestizideinsatz!" und daß die Subventionen nicht weiter in die Kassen der umweltschädlichen Agro-Industrie fließen dürften. Nur mit fairen ErzeugerInnen-Preisen könnten kleine bäuerliche Höfe überleben und daß die Preisdifferenz zwischen konventionellen Lebensmittel und Öko-Lebensmittel umgedreht werden müssen, damit sich auch Arme vernünftig ernähren könnten. Über den Köpfen der Demo-TeilnehmerInnen schwebte eine überdimensionale aufblasbare Biene mit der Botschaft: "Agrarindustrie tötet!" Kritik an der kolonialen und rassistischen Verteilung der weltweit vorhandenen Nahrungsmittel äußerte Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in ihrer Rede: "Wer gibt uns das Recht, Regenwaldflächen im Globalen Süden dafür zu nutzen, Soja dafür anzubauen, dass die Tiere hier schnell fett und schlachtreif werden?"     Anmerkungen Siehe auch unsere Artikel:       Mogelpackung Glyphosat-Verbot       Glyphosat weiterhin in Gärten zugelassen (6.08.21)       "Europäisches Patentamt" erteilt BASF       Patent auf konventionelle Wassermelone (4.05.21)       Mikroplastik im Acker       schädigt den Regenwurm (5.01.21)       Klöckner beschneidet       Forschungs-Budget der Bio-Landwirtschaft (29.09.20)       Endspurt bei Insekten-Ausrottung       85 bis 97 Prozent Rückgang (28.10.20)       Ausrottung des Hamsters auf der Zielgeraden       Industrielle Landwirtschaft immer erfolgreicher       (9.07.20)       Nachfrage für Bio-Lebensmittel wächst stark       Bio-Landwirtschaft hinkt hinterher (12.02.20)       Frankreich: Erfolg gegen Pestizid-Exporte       Wegweisendes Urteil des höchsten Gerichts (6.02.20)       Verfehlt die EU ihre Umweltschutz-Ziele?       …oder ist ihr Ziel die Umweltzerstörung? 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