Angriff auf Telekom-Router
Kein Anschluß bei 900.000 KundInnen
Bonn (LiZ). Die Deutsche Telekom AG, das größte europäische Telekommunikationsunternehmen, und mit ihr rund 900.000 KundInnen wurden Opfer eines Cyber-Angriffs auf Router vom Typ Speedport. Offenbar konnte die Lücke von Seiten der Telekom mehr als 24 Stunden lang nicht entdeckt und nicht geschlossen werden.
Anscheinend verbreiteten kriminelle Hacker über das Telekom-Netz eine Malware, die dazu führte, daß Telekom-Router vom Typ Speedport massenweise lahmgelegt wurden. Vermutlich war dies jedoch nicht das eigentliche Ziel. Laut einer Analyse der IT-Sicherheitsfirma Kaspersky sollte der mit der Malware in die Router eingeschleuste Schadcode diese mit einem Bot-Netz verbinden. Glücklicherweise mißlang dies beim Angriff, da der Schadcode nicht in der Lage war, sich selbst ins Datei-System des Routers einzuschreiben und so bei einem Neustart überschrieben wurde. Da die Sicherheitslücke mit einem Neustart jedoch nicht beseitigt wird, wiederholte sich dieses Spiel gegebenenfalls mehrfach, bis es der Telekom gelang, entsprechende Patches (zu Deutsch: "Pflaster") aufzuspielen und so die Lücken zu schließen. Die Malware, die für diesen Angriff genutzt wurde, soll dem bekannten Computer-Virus Mirai ähnlich sein.
Im Unterschied zu Mirai nutzt die neue Malware gleich zwei Sicherheitslücken der Telekom-Router aus. Die eine Lücke der Telekom-Router besteht darin, daß deren Fernwartungszugang mangelhaft geschützt ist. Über diesen kann die Telekom die Einstellungen der Geräte ändern. Es gibt nicht einmal ein Passwort oder einen ähnlichen Schutzmechanismus. Außerdem ist dieses Fernwartungs-Interface miserabel programmiert. Daher ist es auf diesem Weg prinzipiell möglich, Befehle auf den Routern auszuführen. Glücklicherweise war jedoch zugleich die angreifende Malware so schlecht programmiert, daß das eigentliche Ziel nicht erreicht und die Router lediglich lahmgelegt wurden.
Über 900.000 Telekom-KundInnen sollen zwischen Sonntag Mittag und Montag abend betroffen gewesen sein, konnten nicht telefonieren und sich nicht ins Internet einwählen. Der Service der Telekom war miserabel und viele KundInnen fühlten sich mit dem anfänglich stereotyp gegebenen Rat, ihre Router neuzustarten auf die Dauer im Stich gelassen. Am Sonntag Nachmittag waren laut eigener Schätzung der Telekom weiterhin einige Hunderttausend Geräte überwiegend lahmgelegt. Erst nach geraumer Zeit gelang es, mit einem über das Fernwartungs-Interface aufgespielten Patch, die Lücken notdürftig zu schließen. Das grundlegende Problem ist damit jedoch längst nicht beseitigt.
Die Bundesnetzagentur war von der Telekom am Sonntag pflichtgemäß über den weitreichenden Angriff informiert worden. Nun will die Behörde laut eigener Aussage untersuchen, ob das Unternehmen Netz und KundInnen ausreichend schützt. Die Schwachstellen der Telekom-Router waren allerdings spätestens seit Anfang November öffentlich bekannt.
Fast schon zynisch mutet es daher an, daß ein Sprecher der Telekom verbreitete, es sei immerhin eine gute Nachricht, daß der Angriff den eigentlichen Netzbetrieb für 20 Millionen FestnetzkundInnen nicht stoppen konnte. In dieser Hinsicht ist darauf zu verweisen, daß die Telekom seit geraumer Zeit ihre KundInnen drängt, den Festnetzanschluß auf VoIP umzustellen. Erst nach einer solchen Umstellung des Telefons aufs Internet-Netzwerk sind diese dann solchen Ausfällen ausgeliefert, während herkömmlich betriebene Telefone von der Attacke nicht betroffen waren. Hinzu kommt, daß Festnetztelefone, die auf VoIP umgestellt sind, zusätzlich auf das Stromnetz angewiesen sind. Herkömmliche Festnetz-Telefone funktionieren auch im Falle eines Stromausfalls und haben daher einen unschätzbaren Vorteil, wenn es einmal darum geht, die Feuerwehr zu alarmieren.
Der aktuelle Fall von Cyber-Angriff wirft auch Fragen nach der Sicherheit von Software in der Elektronik von Autos auf. Wenn diese Software vom Auto-Hersteller aus der Ferne per Verbindung über Mobilfunknetze kontaktiert werden kann, bietet dies zugleich Angriffspunkte von außen (Siehe unsere Artikel v. 22.07.15 und v. 30.01.15). Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des 'Center for Automotive Research' an der Universität Duisburg-Essen sagte heute: "Eine solche Panne bestätigt, daß die Mobilfunknetze zum Betrieb selbstfahrender Autos deutlich besser sein müssen als das jetzige Festnetz der Telekom. Und es bestätigt, daß die Wagen die Sicherheit auch unabhängig vom Netz gewährleisten müssen." Denn heute ist nicht mehr allein das Horror-Szenario realisierbar, daß ein vom Menschen gesteuertes Auto plötzlich von außen per Elektronik gekapert und gesteuert werden kann. Es ist auch denkbar, daß eine ganze Flotte von selbstfahrenden Autos gekapert und für einen Terror-Angriff mißbraucht wird.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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Bluff mit eGesundheitskarte
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