Berlin (LiZ). DB-Chef Rüdiger Grube bewegt sich nach dem einwöchigen GDL-Streik offenbar keinen Millimeter und vertraut weiter auf den Rückhalt der Bundesregierung. Claus Weselsky von der GDL hat daher den neunten Streik in dem seit Juli 2014 andauernden Tarifkonflikt angekündigt.
Schon ab Dienstag Mittag soll im Güterverkehr gestreikt werden - ab Mittwoch, 2 Uhr, dann auch im Personenverkehr. Dies teilte GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky heute (Montag) in Berlin mit. Eine Besonderheit besteht darin, daß das Ende des Streiks erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben werden soll. Offensichtlich will die Gewerkschaft der LokführerInnen (GDL) damit einer möglichen Klage der Deutschen Bahn AG (DB) wegen "Unverhältnismäßigkeit" keinen Vorwand liefern.
Weselsky wirf dem DB-Vorstand "mangelnde Einigungsbereitschaft" vor: "Wir verhandeln seit Monaten, ohne daß die Bahn Zwischenergebnisse fixieren will." Das Verhalten der Bahn habe "System". Der Konzern habe die Verhandlungen nach 20 Stunden am Samstag abgebrochen und sei nicht an einer Lösung interessiert.
Aus informierten Kreisen in der GDL ist zu erfahren, daß diesmal ein längerer Streik als der in der vorvergangenen Woche geplant ist (Siehe unseren Artikel v. 4.05.15). Dieser war auf sechs Tage beschränkt. Es ist also damit zu rechnen, daß der Urlaubs-Verkehr über Pfingsten und damit die Einnahmen der DB empfindlich getroffen werden. Die DB kündigte einen Notfahrplan wie schon während der vergangenen Streiks an.
Nach Darstellung der DB habe Personalvorstand Ulrich Weber bis zuletzt versucht, einen weiteren Streik zu verhindern. In einer telefonischen Pressekonferenz appellierte Weber eindringlich an GDL-Chef Weselsky, von einem Streik abzusehen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Konkrete Angebote zu einem Kompromiss waren dabei allerdings nicht erkennbar. Nach über zehn Monaten Verhandlungen, in denen das GDL-Verhandlungs-Team viel Geduld gezeigt hatte, fabulierte Weber von einem "Königsweg", der "sprechen, nicht streiken" heiße. Erneut forderte Weber die GDL zu einer Schlichtung auf.
Der DB-Vorstand fährt derweil weiter doppelgleisig und verhandelt im Verborgenen nach wie vor mit der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG. Im Gegensatz zur GDL gehört die EVG zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Schon am Donnerstag könne es laut Weber zu einem Tarif-Vertrag mit der EVG kommen, der Regelungen auch für Berufsgruppen wie Lokführer und Zugbegleiter enthält - Berufsgruppen, für die die GDL ebenfalls verhandelt. Bei einem Vertrag mit der EVG darf der DB-Vorstand darauf hoffen, insbesondere für die im Einvernehmen von Konzern und EVG erst vor wenigen Jahren neu geschaffene Billiglohn-Berufsgruppe "Lokrangierführer" mit deutlich weniger Personalkosten wegzukommen.
Anders als die Berufsbezeichnung "Lokrangierführer" suggeriert, ist der Job keineswegs weniger anspruchsvoll als der des "Lokführers". "Lokrangierführer" sind de facto unterbezahlte Lokführer und Rangierleiter in einer Person, welche zudem im örtlichen Rangierdienst (sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr) arbeiten. Sie werden auch für Übergabe- und Bedienfahrten über die freie Strecke eingesetzt. Übergabefahrten finden zwischen Rangierbahnhof und nächst größerem Satellitenbahnhof statt und auch zu den Kunden im Umland des Rangierbahnhofes, um dort vor Ort Wagen abzuholen und neue zuzustellen. Der "Lokrangierführer" arbeitet in der Regel allein. Seine Lok besitzt hierfür häufig eine Funkfernsteuerung. Bei Modellen ohne Funkfernsteuerung hat der "Lokrangierführer" einen "Rangierbegleiter" dabei, welcher zwar meist die selbe Befähigung wie ein "Lokrangierführer" hat, aber nicht zwangsläufig haben muß. Nicht wenige Beschäftigte bei der DB bezeichnen es ganz offen als "große Sauerei", daß "Lokrangierführer" miserabel entlohnt und zugleich bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter draußen eingesetzt werden und körperlich viel schwerere Arbeit zu leisten haben.
Nicht abwegig ist der Vorwurf der GDL, der DB-Vorstand spiele in der Hoffnung auf das geplante Tarifeinheitsgesetz auf Zeit. Mit dem Gesetz, das am Freitag im Bundestag verabschiedet werden und voraussichtlich Anfang Juli in Kraft treten soll, würde nämlich im Konfliktfall diejenige Gewerkschaft den Vorrang erhalten, die über die meisten Mitglieder in den einzelnen (Teil-)Betrieben verfügt. Dies wäre - zumindest zur Zeit - wohl fast durchgehend die DGB-Gewerkschaft EVG.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
GDL streikt bis Sonntag
Bahn AG ohne Kompromissbereitschaft (4.05.15)
Deutsche Bank stößt Postbank ab
Trennung nach sechseinhalb Jahren (25.04.15)
Blockupy? Blackout!
(19.03.15)
"Nein zu diesem Vertrag!"
Brief von Linken in Syriza (28.02.15)
Griechenland und EU
Kompromiß oder Bluff? (24.02.15)
Armuts- und Wirtschaftswachstum
in Deutschland parallel (19.02.15)
Griechenland: Durchbruch für Syriza
Ende des Elends? (25.01.15)
Oxfam-Bericht: 1 Prozent
eignet sich immer mehr an (19.01.15)
Spitze der mächtigsten Konzerne
"Westen" stellt 81 der Top 100 (29.12.14)
BVG schränkt Sonntagsarbeit
ein bißchen ein (26.11.14)
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Rund 600.000 Arbeitslose mehr in Europa (16.11.14)
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Ermittlungen gegen KraussMaffeiWegmann (14.11.14)
Bahnstreik
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GDL streikt erneut ab Mittwoch
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Von der Leyens Hartz-IV-Reform
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