Protest zum Fukushima-Jahrestag
"Sofortige Stilllegung des AKW Fessenheim!"
Straßbourg (LiZ). Am heutigen Samstag gedachten rund 600 DemonstrantInnen in Straßbourg der Katastrophe in Japan am 11. März 2011. Französische und deutsche Atomkraft-GegnerInnen forderten gemeinsam die sofortige Stilllegung des ältesten französischen Atomkraftwerks in Fessenheim.
Für die französischen Atomkraft-GegnerInnen sprach André Hatz von 'Stop Fessenheim': "Die Nuklear-Katastrophe von Fukushima hat gerade erst begonnen." Sie werde in den kommenden Jahren eine ansteigende Zahl von Krebstoten fordern, stahlenbedingte Krankheiten sowie Immunschwäche werden weiter zunehmen und Mißbildungen be Neugeborenen. In den Straßen der elsässischen Hauptstadt schlossen sich die DemonstrantInnen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz hinter der Forderung nach sofortiger Stilllegung des AKW Fessenheim zusammen.
Beide Reaktoren des AKW Fessenheim sind zwar seit einer Woche außer Betrieb, sollen jedoch ohne konkretes Stilllegungsdatum in den kommenden Tagen wieder hochgefahren werden. Hatz erinnerte an das Versprechen des pseudo-sozialistischen französischen Präsidenten François Hollande aus dem Wahlkampf 2011/2012, das AKW Fessenheim bis spätestens zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2016 stillzulegen. Er bilanzierte die lange Liste der Gefahren, die von diesem Meiler ausgehen - angefangen vom hohen Erdbeben-Risiko bis zu dem mangelnden Schutz gegen Terror-Anschläge wie den vom 11. September 2001.
Die beiden Druckwasser-Reaktoren à 880 MW wurden am 6. April und am 7. Oktober 1977 in Betrieb genommen. Das Versprechen des pseudo-sozialistischen französischen Präsidenten François Hollande aus dem Wahlkampf 2011/2012, das AKW Fessenheim bis spätestens zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2016 stillzulegen, hatte sich - wie leicht vorherzusehen war - schnell in Luft aufgelöst. Bis heute fehlen die für eine Stilllegung des AKW Fessenheim nötigen gesetzlichen Grundlagen. Und Francis Rol-Tanguy, der 2012 als Beauftragter der französischen Regierung für die Stilllegung eingesetzt worden war, hatte bereits Anfang 2013 ganz unverhohlen bekundet, die Vorbereitung einer Stilllegung des AKW Fessenheim dürfe eine im Frühjahr 2017 neugewählte Regierung nicht daran hindern, die Betriebsgenehmigung des AKW Fessenheim weiter zu verlängern.
Am 2. März bekundete die französische Atom-Ministerin Ségolène Royal, nach jahrelangem Verzug nunmehr "im ersten Halbjahr" - also bis spätestens 30. Juni - ein Gesetz zu verabschieden, das angeblich indirekt die Stilllegung des AKW Fessenheim bis spätestens im Jahr 2017 zur Folge haben soll. Dieses Gesetz - so die Darstellung von Royal - werde festlegen, daß die Gesamtleistung der französischen (derzeit 58) Atom-Reaktoren auf dem gegenwärtigen Stand begrenzt bleibt. Würde nun also der seit 2006 in Bau befindliche Atom-Reaktor vom Typ EPR am AKW-Standort Flamanville im Jahr 2017 mit 1.600 MW in Betrieb gehen, müßte der französische Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF entsprechend Atom-Reaktoren mit einer Gesamtleistung von 1.600 MW stilllegen - müßte...
In Frage kämen die beiden ältesten französischen Atom-Reaktoren à 880 MW. Daß dem Konzern auch die Option bleibt, Atom-Reaktoren an einem anderen Standort stillzulegen, spielt hier keine Rolle, denn die Argumente von Atom-Ministerin Royal sind pure Fiktion: Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge ist so gut wie ausgeschlossen, daß der EPR in Flamanville vor 2018 in Betrieb geht.
Der Trick besteht darin, auf der einen Seite gegenüber der französischen Öffentlichkeit die Fassade aufrecht zu erhalten und zu versichern, das AKW Fessenheim werde wie versprochen zum Ende der Amtszeit Präsident Hollandes stillgelegt - und auf der anderen Seite zugleich mit dem Gesetz, das eine eingebaute "Sollbruchstelle" enthält, den Weiterbetrieb des AKW Fessenheim zu garantieren. Denn geht der EPR nicht vor 2018 in Betrieb wird auch kein Reaktor stillgelegt. Und da ab Mai 2017 der französische Präsident höchstwahrscheinlich nicht mehr Hollande heißen wird, hat sich dann das Polit-Theater für die EdF auf doppelte Weise gelohnt: Ein Präsident, der die Stilllegung von Atomkraftwerken versprach, ist endgültig desavouiert und der Teil der Anti-AKW-Bewegung, der seine Zuversicht auf Hollande stützte ist demoralisiert, während Hollandes Nachfolger es nicht einmal mehr nötig haben wird, die Anti-Atom-Bewegung mit (unehrlichen) Versprechen einzulullen.
Und ganz abgesehen von den durch Royal mit dem angekündigten Gesetz eingefädelten Spielchen: Selbst wenn das AKW Fessenheim 2017 - pro forma! - stillgelegt würde, könnte dies den Nachfolger von Hollande nicht daran hindern, die Betriebsgenehmigung erneut zu verlängern. Die Bemerkung Rol-Tanguys von Anfang 2013 ist unbestreitbar korrekt. Sie macht deutlich, daß das Versprechen einer Regierung, eine Maßnahme erst zum Ende ihrer Amtszeit umsetzen wollen, völlig wertlos ist.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
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