15.02.2014

CASTOR-Transport nicht nach Gorleben?
Zielbestimmung für Atommüll bis Ostern

Wohin mit dem CASTOR?
Berlin (LiZ). Obwohl weltweit bislang kein "Endlager" für den radioaktiven Müll aus Atomkraftwerken gefunden wurde, sollen weitere CASTOR-Transporte durch Deutschland erzwungen werden. Dabei ist derzeit jeder Transport von Atommüll ein vermeidbares Risiko und eine kriminelle Gefährdung der Bevölkerung.

In einigen der deutschen Mainstream-Medien heißt es heute frohlockend: "In die schleppende Suche nach Zwischenlagern für deutschen Atommüll kommt Bewegung." Doch tatsächlich geht es lediglich um den Transport von einem "Zwischenlager" in ein anderes "Zwischenlager". Und solange weltweit kein "Endlager" gefunden ist, kann ein "Zwischenlager" zu einem jahrzehntelangen Provisorium werden.

Angeblich steht "Deutschland" in der Pflicht, radioaktiven Müll aus den Plutonium-Fabriken (sogenannten Wiederauf­arbeitungs­anlagen - WAA) im französischen La Hague und im britischen Sellafield zurückzunehmen. Schon seit über einem Jahr wird um die Zielbestimmung gepokert, weil ungeklärt ist, wohin denn nun die insgesamt 26 CASTOR-Behälter aus La Hague und Sellafield transportiert werden sollen. Denn die deutsche Regierung hat - im Dienste der "Großen Vier" - Verträge abgeschlossen, bis wann der Atommüll aus deutschen Atomkraftwerken zurückgenommen werden soll. Für die deutsche Regierung bestünde allerdings keine Pflicht, diese "völkerrechtlich verbindlichen" Verträge einzuhalten. Eine demokratische Regierung könnte diese zumindest solange aussetzen, bis sämtliche Atomanlagen in Deutschland stillgelegt sind und - danach - in einem transparenten Auswahl-Verfahren der Standort ermittelt wird, wo der Atommüll mit dem geringsten Risiko gelagert werden kann. Stattdessen wird in deutschen Mainstream-Medien suggeriert, es bestehe Zeitdruck: "Die 26 CASTOR-Behälter müssen irgendwohin."

Es muß immer wieder daran erinnert werden, daß die japanische Regierung im Jahr 2001 ihre Verträge mit der britischen Plutonium-Fabrik Sellafield zeitweise ausgesetzte, ohne Probleme zu bekommen. Und hinzuweisen ist auch darauf, daß es sich keineswegs um "Frankreich und England" handelt, denen "deutscher Atommüll" wieder abgenommen werden müsse: Die britische und die französische Regierung wollten im Interesse der atomaren Bewaffnung den Müll der deutschen Atom-Konzerne, um daraus das für die Atombombe benötigte Plutonium zu gewinnen. Und in wessen Interesse das neue "Endlager-Such-Gesetz" formuliert wurde, läßt sich daran erkennen, was darin fehlt: Die Kosten für die Erkundung anderer potentieller Endlager-Standorte sollen keineswegs die Verursacher des Atommülls finanzieren. Von einer finanziellen Beteiligung der "Großen Vier" ist an keiner Stelle die Rede.

Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundes-Atom-Ministerium, sagte am gestrigen Freitag in Berlin nach einem Bund-Länder-Treffen, er sei "optimistisch", daß bis Ostern ein Zielort in Deutschland ausgehandelt werden könne. In Kürze würden Gespräche auf Arbeitsebene beginnen. Er bezeichnete die Gespräche angesichts unterschiedlicher Länderinteressen als "Herausforderung". Zugleich hieß es gestern, Gorleben solle nicht mehr angefahren werden.

Doch in Vergangenheit war auf solche Bekundungen von Seiten der Regierenden kein Verlaß. Die Gorleben-Geschichte ist reich an Beispielen, wie die Bevölkerung über wahre Absichten bei der Realisierung eines Nuklear-Komplexes getäuscht wurde. Und so enthält - wohl kaum zufällig - auch die Novelle des Atom-Gesetzes ein Schlupfloch. “Verfestigte Spaltproduktlösungen” sollen in "kraftwerksnahen Zwischenlagern" aufbewahrt werden, heißt es im novellierten Gesetzestext. Mit dem Terminus "kraftwerksnahe Zwischenlager" wäre Gorleben tatsächlich ausgeschlossen. Allerdings enthalten zumindest jene fünf CASTOR-Behälter, die aus La Hague nach Deutschland transportiert werden sollen, gar keine “verfestigten Spaltproduktlösungen”, sondern radioaktive Sekundärabfälle. Dennoch steckt in jedem dieser CASTOR-Behälter hundertmal soviel Radioaktivität wie im gesamten Atommüll von Asse II.

Nun heißt es, Zielorte in drei Bundesländern seinen in der engeren Wahl. Bisher haben nur die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein eine grundsätzliche Bereitschaft zur Aufnahme von CASTOR-Behältern bekundet. In Frage kämen wegen vorhandener "Zwischenlager" aber auch die Bundesländer Hessen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern.

Derzeit werden von neun Atom-Reaktoren in Deutschland täglich insgesamt rund 700 Kilogramm hochradioaktiver Müll produziert - rund 260 Tonnen pro Jahr (bei rund 97 TWh Stromproduktion). Und dies, obwohl bis heute niemand weiß, wohin damit. Bis zu dem im Jahr 2000 von "Rot-Grün" erstmals verkündeten "Atom-Ausstieg" wurden in Deutschland in Atomkraftwerken insgesamt 2.670,3 TWh Strom erzeugt - und damit rund 7.200 Tonnen hochradioaktiver Müll. (Es ist auch undementiert die Angabe zu finden: In deutschen Atomkraftwerken wurden allein bis zum Jahr 2007 insgesamt 12.500 Tonnen hochradioaktiver Müll produziert.) Dieser sogenannte Atom-Ausstieg des Jahres 2000 garantierte den Strom-Konzernen die weiter Produktion von 2.623,3 TWh - und damit eine Verdoppelung des Atommüll-Berges. Dabei ist der hochradioaktive Müll nur die Spitze des Atommüll-Berges: Mit jeder Tonne hochradioaktiven Atommülls fallen weitere rund 10 Tonnen an schwach- und mittelradioaktivem Müll an. Der radioaktive Müll, der beim Abriß von Atomkraftwerken anfällt, ist hierbei noch gar nicht eingerechnet.

Solange kein "Endlager" gefunden ist, besteht kein sachlicher Grund für den Transport von Atommüll. Auch im Falle der - bislang lediglich versprochenen - Bergung des Atommülls aus dem akut vom Absaufen bedrohten ehemaligen Bergwerk Asse II besteht keine Notwendigkeit für Transporte. Ebenso wie dies an AKW-Standorten möglich war, kann vor Ort ein "Zwischenlager" gebaut werden. Nicht einmal der weitere Betrieb der neun Atom-Reaktoren in Deutschland erfordert einen Transport von Atommüll.

Jeder CASTOR-Transport durch Deutschland ist sachlich völlig unbegründet und ist daher lediglich als Machtdemonstration zu verstehen. Dabei wird die Bevölkerung dem Risiko eines Unfalls ausgesetzt, bei dem ein Vielfaches der Radioaktivität im Vergleich zu einem Super-GAU in einem AKW freigesetzt werden kann. Zudem setzt die hohe radioaktive Abstrahlung der CASTOR-Behälter die Bevölkerung einer weiteren Gefährdung aus, die nicht anders als kriminell zu bezeichnen ist.

Die Standort-Bürgerinitiativen innerhalb der Anti-AKW-Bewegung fordern daher: "Solange die Endlagerfrage nicht geklärt ist, muß der angefallene Atommüll dort bleiben, wo er sich derzeit befindet."

 

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Anmerkungen

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      Aktuelle Hintergrund-Informationen
      zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima
      US-ExpertInnen befürchten negative Entwicklung
      in den kommenden Monaten
      Fotos von cryptome.org (6.04.11)

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      Meldepflicht häufig ignoriert (1.04.11)

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      Reaktor I vermutlich schon am 11. März leck (29.03.11)

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      Gesellschaft für Strahlenschutz:
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      Situation in Reaktor Fukushima Daiichi I spitzt sich zu
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