AKW Sendai wieder am Netz
Russisches Roulette mit dem nächsten Super-GAU
Kagoshima (LiZ). Gegen die Mehrheit der Bevölkerung hat die japanische Atomkraft-Branche mit Hilfe der Regierung den Neustart der Atomenergie in Japan in die Wege geleitet. Ein Reaktor des AKW Sendai im Süden Japans wurde am 11. August wieder hochgefahren. Angesichts eines aktiven Vulkans in rund 50 Kilometer Entfernung zu dem Atomkraftwerk wird Japan einem extremen Risiko ausgesetzt. Bereits am 21. August mußte die erste Panne eingestanden werden.
Die japanische Atomkraft-Branche und die ihr dienende Regierung unter Ministerpräsident Shinzo Abe erhofft sich mit dem Neustart eines Reaktors des seit dem März 2011 abgeschalteten AKW Sendai den Durchbruch. Der Chef des japanischen Unternehmens-Verbandes, Yoshimitsu Kobayashi, sprach ganz offen von einem "ersten Schritt" .Nach und nach sollen weitere der insgesamt nach der Fukushima-Katastrophe noch intakten 50 Atom-Reaktoren wieder hochgefahren werden. Die japanische Anti-AKW-Bewegung war offenbar nicht imstande, dem Wiederhochfahren des AKW Sendai mit einer Blockade oder anderen gewaltfreien Aktionen etwas entgegenzusetzen.
Der AKW-Standort Sendai im Südwesten Japans ist von mehreren aktiven Vulkanen umgeben. Einer der aktivsten japanischen Vulkane, der Sakurajima, ist vom AKW Sendai nur rund 50 Kilometer entfernt. Selbst japanische Behörden haben nun vor einer erhöhten Aktivität des Sakurajima gewarnt. Die Bevölkerung in der Nähe des Sakurajima solle sich auf Evakuierungen vorbereiten, teilte Japans Meteorologische Behörde am 15. August mit. Zuletzt hatte sich der Sakurajima am 18. August 2013 und am 24. Oktober 2014 mit heftigen Eruptionen bemerkbar gemacht. Bei der explosiven Eruption des vergangenen Jahres schoß innerhalb weniger Minuten eine Aschewolke etwa 4 Kilometer in die Höhe.
Weder der Betreiber noch die japanische Atomaufsichtsbehörde seien auf die Konsequenzen eines Vulkan-Ausbruchs vorbereitet, erklärte die Umweltschutz-Organisation Greenpeace. Laut deren Analysen kann allein schon Vulkan-Asche zu einem Störfall des AKW führen. Die österreichische Umweltschutz-Organisation Global 2000 erinnert zudem daran, daß die Region im Süden Japans immer wieder auch durch Taifune heimgesucht wird - zuletzt am 27. Juli 2015 durch den Sturm Halola - mit großen Wind- und Wassermengen. "Die einzig sichere Alternative für die Stromversorgung des von Erdbeben und Tsunamis geplagten und mit Vulkanen übersäten Japan ist der Atom-Ausstieg und der Umstieg auf die reichlich vorhandenen und billig verfügbaren erneuerbaren Energien," erklärte Reinhard Uhrig von Global 2000.
Hinzu kommt, daß es - wie an allen AKW-Standorten in dicht besiedelten Gebieten - keine realistischen Evakuierungs-Pläne gibt. In der 30-Kilometer-Zone um das AKW Sendai leben rund 220.000 Menschen. Die gesamte Fläche Japans ist wegen der Lage in einer geologischen Bruchzone ein Gebiet mit extrem hohem Erdbebenrisiko. Dennoch scheint die japanische (selbst ernannte) "Elite" nur vier Jahre nach dem Beginn des dreifachen Super-GAU von Fukushima die Bevölkerung erneut einem Russischen Roulette mit dem Super-GAU aussetzen zu wollen. Obwohl die vergangenen vier Jahre de facto das Gegenteil bewiesen haben, behauptete Sadayuki Sakakibara vom mächtigen Wirtschaftsdachverband Keidanren, Atomstrom sei für die Energiesicherheit im rohstoffarmen Japan "extrem wichtig".
Seit März 2011 sind sämtliche Atomkraftwerke in Japan - mit einer zeitweiligen Ausnahme des AKW Oi - abgeschaltet (Siehe unseren Artikel v. 15.09.14). Nach über vier Jahren wird in der Öffentlichkeit immer deutlicher, daß ein Atom-Ausstieg keine Frage des Könnens sondern des Wollens ist. Das über Jahrzehnte immer wiedergekäute Märchen, ohne Atomstrom gingen die Lichter aus, verfängt heute nicht mehr. Ganz offenbar sind für die hinter der japanischen Regierung stehenden Kräfte ausschließlich Profit-Gründe ausschlaggebend. Ministerpräsident Abe bekräftigte kürzlich die Politik seiner Regierung, alle Atomkraftwerke wieder hochzufahren, welche die "neuen Richtlinien" erfüllen. Er bezeichnete die Vorschriften erneut als "die sichersten in der Welt". Seinen mangelnden Realitätssinn bewies Abe im Juli dieses Jahres, als er die baldige Wiederbesiedlung der radioaktiv kontaminierten Zonen in der Region Fukushima ankündigte (Siehe unseren Artikel v. 19.07.15). Allerdings sprechen sich laut aktuellen Umfragen 57 Prozent (2014: 59 Prozent) der JapanerInnen gegen ein Wiederhochfahren der Atomkraftwerke aus.
Mittlerweile liegen den japanischen Behörden 25 Anträge auf Betriebsgenehmigungen für Atom-Reaktoren vor. Der Strom-Konzern Kyushu Electric beabsichtigt, den zweiten Reaktor des AKW Sendai Mitte Oktober hochfahren. Drei entsprechende Anträge haben die Behörden bereits genehmigt. Es handelt sich um zwei Reaktoren des AKW Takahama in der Provinz Fukui sowie einen Reaktor des AKW Ikata in der Provinz Ehime. Das Wiederhochfahren der zwei Reaktoren des AKW Takahama ist derzeit allerdings nach Einsprüchen der Bevölkerung durch Gerichtsentscheid vorerst blockiert.
Am 21. August mußte der japanische AKW-Betreiber Kyushu Electric offenbaren, daß es beim Wiederhochfahren des mehr als vier Jahren abgeschalteten Reaktor 1 des AKW Sendai zu einer Panne im sekundären Kühlkreislauf gekommen ist. Angeblich ist Meerwasser durch ein Loch im Kondensator in den Kühlkreislauf gelangt. Dadurch sei das Wiederhochfahren des Reaktors vorerst durch einen automatischen Alarm unterbrochen worden. Es ist daher laut offizieller Mitteilung nicht möglich, wie vorgesehen bis zum 25. August die volle Leistung von 848 Megawatt zu erreichen. Kyushu Electric kündigte eine einwöchige "Kontroll-Maßnahme" an.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Projekt "Wiederbesiedlung Fukushima"
Regierungs-Irrsinn wegen Olympiade 2020? (19.07.15)
Aktive Vulkane nahe AKW-Standort Sendai
Neustart der Atomenergie in Japan Anfang Juli? (30.05.15)
Krebs durch AKW-"Normalbetrieb"
Statistik-Untersuchung liefert Beweis (18.05.15)
Wird Asse II aufgegeben?
Bergung des Atommülls immer fraglicher (17.05.15)
Areva, ein 5-Milliarden-Loch und Ärger
mit der französischen Finanzaufsicht (15.05.15)
Auch RWE will sich aufspalten
Steuergelder fürs Atommüll-Desaster (15.05.15)
Tschernobyl
29 Jahre nach dem Super-GAU (26.04.15)
Rückschlag für Anti-Atom-Bewegung
Japanisches Gericht erlaubt Neustart des AKW Sendai
(22.04.15)
Atom-Ausstieg: Japan weiterhin vorn
Gericht untersagt Neustart von AKW (14.04.15)
"Uran-Abbau ist äußerst gefährlich"
Menschenrechts-Aktivist Golden Misabiko in Freiburg
(25.03.15)
AKW Fessenheim: ASN-Bericht offenbart
chaotische Zustände (20.03.15)
Super-GAU Tschernobyl wirkt
auch nach 29 Jahren (15.03.15)
EU-Kommission blockiert AKW-Deal
zwischen Ungarn und Rußland (14.03.15)
AKW Fessenheim: Dichtungsdefekt
Stilllegung weiterhin ungewiß (1.03.15)
Fukushima: Radioaktives Wasser
fließt in den Pazifik (23.02.15)
Belgien: Materialermüdung in AKW
Reaktordruckbehälter weltweit betroffen? (17.02.15)
Merkels "Atom-Ausstieg"
Monitor legt weitere Beweise vor (5.02.15)
Untergräbt Gabriel
das Vertrauen der Atomwirtschaft? (21.01.15)
Atommüll-Desaster
Gericht erklärt Lager in Brunsbüttel für illegal (16.01.15)
Monitor: Wie von RWE bestellt
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zum Wiederhochfahren des AKW Sendai (7.11.14)
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...und kein Ende (20.08.14)
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Löcher im AKW Leibstadt
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und Super-GAU auslösen (27.06.14)
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des AKW Oi (21.05.14)
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Zehn MitarbeiterInnen radioaktiv kontaminiert (9.05.14)
IPPNW kritisiert Strahlenschutz-Kommission
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Atomforschung am KIT
Indizien weisen auf militärische Anwendungen hin (19.04.14)
Fukushima: Immer weitere "Pannen"
Wiedereinstieg in Atomenergie auf der Kippe (25.02.14)
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(24.02.14)
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AKW Temelin: Ausbau verzögert
EU-Kommission streitet mit Tschechien (10.11.13)
Atom-Ausstieg?
Ein Vergleich zwischen D und GB (2.11.13)
Radioaktivität unter Fukushima
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EU-Kommissar Oettinger manipuliert
Subventionsbericht zu erneuerbaren Energien (14.10.13)
Super-GAU von Fukushima
Radioaktive Belastung des Meeres steigt (10.10.13)
Hilflos in Fukushima
Japanische Regierung bittet Ausland um Beistand (10.10.13)
IKEA in Konkurrenz zu Strom-Konzernen
Solar-Anlagen aus dem Möbelhaus (30.09.13)
Japan: Kein AKW in Betrieb
Es geht auch ohne Atomkraft (15.09.13)
Tschechien: Stop der Förderung
der erneuerbaren Energien -
Subventionierung der Atomenergie? (15.09.13)
Unterirdischer Abfluß aus Fukushima
größer als bislang zugegeben (1.09.13)
Super-GAU von Fukushima
Immer mehr Kinder mit Krebserkrankungen
TEPCO will Hilfe von IAEA (22.08.13)
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Immer mehr radioaktives Grundwasser fließt ins Meer
(8.08.13)
Greenpeace deckt auf
AKW Tricastin extrem unsicher (15.07.13)
China stoppt Bau einer
Urananreicherungsanlage in Guangdong (14.07.13)
Super-GAU von Fukushima
Dramatischer Anstieg der Radioaktivität im Grundwasser
(10.07.13)
Fukushima: Strontium im Grundwasser
(19.06.13)
Französische Regierung treibt Endlager-Projekt
in Bure voran (7.06.13)
Schwerer Störfall im AKW Forsmark
Notstromversorgung war nötig (31.05.13)
Hamburg: Katastrophe nur
knapp abgewendet (16.05.13)
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Gerichtsurteil in Japan:
Kinder müssen in verstrahlter Region bleiben (24.04.13)
Mehrheit in Polen gegen AKW
Trotz erfolgloser Propaganda bleibt Regierung auf Atom-Kurs
(19.04.13)
China plant Atomausstieg
AKW-Bauvorhaben aufgegeben (28.03.13)
AKW-Ruine Fukushima
Notkühlung ausgefallen (19.03.13)
Fukushima mahnt
IPPNW-Report über Folgen des Super-GAU (6.03.13)
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Fünf Groß-Demos in Deutschland (4.03.13)
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Doel und Tihange wieder hochgefahren? (15.02.13)
Mehrheit in Deutschland
für früheren Atomausstieg (6.02.13)
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in Vorort von Paris gestohlen (26.01.13)
Atommüll-Zug in Südfrankreich entgleist
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(22.01.13)
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AtomkraftgegnerInnen kritisieren Dammbruch (4.01.13)
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Insiderkritik an mangelhafter Sicherheit (13.12.12)
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Französische Regierung will Kernfusions-Reaktor
15 Prozent mehr EU-Finanzmittel für Atomenergie
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auch nach 18 Monaten stark radioaktiv belastet (26.10.12)
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"Falsches Gefühl der Sicherheit" (23.10.12)
HypoVereinsbank und Atomenergie
Profit wichtiger als Versprechen von 2011 (27.09.12)
Greenpeace: Gorleben als Endlager
genügt nicht einmal behördlichen Sicherheitsstandards
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Fragen zur Situation in Japan,
zur Atomenergie und zu Deutschland (25.03.11)
Gesellschaft für Strahlenschutz:
Super-GAU ist längst Realität (23.03.11)
Die Situation in den havarierten japanischen AKW
Stand: Sonntag 16 Uhr (13.03.11)
Notkühlfall in japanischem AKW
Situation in Reaktor Fukushima Daiichi I spitzt sich zu
(11.03.11)
Sarkozy und die Atombombe
für Gaddafi (23.02.11)
Reihe schwerer Sicherheitsmängel
in französischen AKW (22.02.11)
Erhöhtes Risiko im AKW Fessenheim
20 Prozent Meßungenauigkeit bei Druck-Sensor (4.02.11)
Obama verspricht
Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)